Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Von Uli Bachmeier
Wer sich in München auf den Weg macht, die Langsamkeit zu entdecken, der muss kein buddhistisches Kloster im hintersten Winkel des Himalaja ansteuern. Es reicht völlig aus, die Dauerbaustelle Altstadtringtunnel aufzusuchen. Auch dort trifft man nur hin und wieder Menschen an, die einer produktiven Tätigkeit nachgehen. Aber wie durch ein Wunder sieht es aktuell, nach drei Jahren Bauzeit, so aus, als könnte der Abschlusstermin für die Sanierungsarbeiten Mitte des Jahres 2024 dennoch gehalten werden.
Besonders beliebt war der gut 600 Meter lange Tunnel bei den Münchnern noch nie. „Höllenschlund“nannten sie ihn, als er vor mehr als 50 Jahren eröffnet wurde. Seine Zweckmäßigkeit als innerstädtische Ost-west-verbindung für den Autoverkehr aber wurde nie infrage gestellt. Im Normalbetrieb werden dort – zwischen Altstadt und Englischem Garten– pro Tag rund 60.000 Autos unter die Erde verbannt. Den maroden Tunnel zu sanieren, war sogar aus Sicht der Grünen alternativlos.
Kritische Nachfragen freilich müssen erlaubt sein: Warum eigentlich brauchten Engländer und Franzosen nur schlappe sieben Jahre, um den über 50 Kilometer langen Tunnel unter dem Ärmelkanal zu bauen? Und, schlimmer noch: Warum soll es bis zum Jahr 2037 dauern, bis die zweite S-bahn-stammstrecke fertig ist, wo doch die erste S-bahn-stammstrecke unter der Münchner Innenstadt in nur acht Jahren realisiert werden konnte?
Eine Antwort auf letztere Frage von den Stammstreckenplanern bei der Deutschen Bahn zu erhalten, hat sich für die Abgeordneten im Verkehrsausschuss des Landtags als ambitioniertes Unterfangen erwiesen. Die Beamten des bayerischen Bauministeriums konnten es auch nicht erklären. Sie können die Langsamkeit nur studieren. Der Altstadtringtunnel liegt quasi vor ihrer Haustür.