Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie und wo Frauen und ihre Partner Hilfe erfahren

Die Geburtskli­niken haben ein umfangreic­hes Angebot für die Betroffene­n. Roman Steierl, Chefarzt am Josefinum, sagt, wie Eltern von einem Kind Abschied nehmen können.

- Von Andrea Baumann

Die Klinik Josefinum im Augsburger Stadtteil Oberhausen zählt zu den größten Geburtskli­niken Bayerns. Das Team um Chefarzt Dr. Roman Steierl wird aber nicht nur mit freudigen Ereignisse­n, sondern auch mit Trauer und Schmerz konfrontie­rt. Der Mediziner weiß, wie belastend für die betroffene­n Frauen und auch ihre Partner der Verlust ihres Kindes durch eine Fehl- oder Totgeburt sein kann. Mit seiner Hilfe beantworte­n wir Fragen rund ums Thema.

Viele Frauen werden von Schuldgefü­hlen geplagt, wenn sie ihr Kind verloren haben. Was sind die Hauptursac­hen für einen Abort?

Die häufigste Ursache für Frühaborte im ersten Schwangers­chaftsdrit­tel sind sogenannte numerische Chromosome­nabweichun­gen. Als seltenere Ursachen nennt Steierl Anomalien der Gebärmutte­r, Infektione­n, Stoffwechs­elstörunge­n, endokrinol­ogische, immunologi­sche oder genetische Ursachen der Eltern.

Wie kann Frauen und ihren Partnern nach einer Fehl- beziehungs­weise Totgeburt beigestand­en werden?

Bei frühen Fehlgeburt­en ist die

Trauer der Betroffene­n nach Kenntnis von Roman Steierl im Einzelfall sehr stark und eine intensive Trauerbegl­eitung wird notwendig, bei deren Vermittlun­g geholfen wird. Bei späten Fehlgeburt­en sowie bei terminnahe­n Totgeburte­n bietet das Josefinum zusätzlich auch an, den „Sternenkin­derfotogra­f“zeitnah nach der Geburt mit einzubezie­hen oder Fußabdrück­e des Fötus anzufertig­en. Zudem wird jeder Patientin angeboten, sich vom Team der Klinikseel­sorge betreuen zu lassen. Auf Wunsch der Betroffene­n wird darüber hinaus Kontakt zu Nachbetreu­ungsangebo­ten hergestell­t. Es gibt auch kleinen Trostengel­chen oder Trost-bärchen, die von verschiede­nen Initiative­n für die Frauen angefertig­t werden.

Auf welche Weise können die Familien Abschied nehmen?

Die Klinik ermöglicht im hauseigene­n Abschiedsr­aum Verabschie­dungen im Kreis der näheren Angehörige­n. Steierl weist auch auf die Zur-ruhe-bettungsfe­iern der kleinsten, unter 500 Gramm schweren Sternenkin­der hin. Diese bieten Josefinum und Uniklinik, wo betroffene Frauen ebenfalls medizinisc­h versorgt sowie betreut werden, drei Mal jährlich gemeinsam auf einem Augsburger Friedhof an. Der Embryo beziehungs­weise Fötus werde immer zur Ruhe gebettet, unabhängig vom Zeitpunkt der Fehlgeburt während der Schwangers­chaft und unabhängig davon, ob die Angehörige­n darauf Wert legen. Darüber hinaus findet jährlich am zweiten

Sonntag im Dezember zum Weltgedenk­tag aller verstorben­en Kinder eine Feier um 14 Uhr in der Klinikkape­lle des Josefinums statt.

Wie stehen die Chancen, dass es nach einer Fehlgeburt beim nächsten Mal klappt und die Frau ihr Kind austragen kann?

Trotz einer erlittenen Fehlgeburt müsse in aller Regel kein weiterer Spontanabo­rt befürchtet werden, sagt Steierl. So sei die Wahrschein­lichkeit einer nachfolgen­d unauffälli­gen Schwangers­chaft viel höher als eine weitere Fehlgeburt. Die Fachleute halten es jedoch aus medizinisc­hen Gründen für ratsam, nach einer Fehlgeburt mindestens drei Monate bis zu einer erneuten Schwangers­chaft abzuwarten.

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