Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Großes von kleiner Dimension

Der Philharmon­ische Chor mit Dvorˇák

- Von Manfred Engelhardt

Als eine Bitte zum Frieden endet Antonín Dvorˇáks Messe D-dur. Das in diesen Tagen wohlgesetz­te Programm des Philharmon­ischen Chors Augsburg bescherte in ev. St. Ulrich eine besinnlich­e Stunde. Unter der Leitung von Wolfgang Reß zeigte das Konzert wieder einmal, dass sich Brotberuf und künstleris­che Vision nicht ausschließ­en müssen. War doch der böhmische Meister von einem ebenso kunstsinni­gen wie einflussre­ichen Mäzen und Architekte­n beauftragt worden, für die Eröffnung seiner neuen Schlosskap­elle eine Messe zu komponiere­n.

Und „Kapelle“bedeutet: kleine Dimension. Die 1887 uraufgefüh­rte Messe wurde für Chor und Orgel konzipiert und bekam erst Jahre später eine üppige Fassung mit Orchester. Im so quasi kammermusi­kalischen Modus erreicht Dvorˇáks geniale Kunst trotz minimal eingesetzt­er äußerer Mittel eine subtile, aber intensive Wirkung. Sie muss – wie ein Streichqua­rtett im Vergleich zur Sinfonie – ohne den ganz großen instrument­alen und koloristis­chen Aufwand die Themen, harmonisch­en Veränderun­gen des dramaturgi­schen Geschehens schlüssig und effektiv verlaufen lassen. Für instrument­ale Farbtupfer und zur Verstärkun­g harmonisch­er Linien sorgte im Konzert eine Art Basso continuo mit Cello und Kontrabass (Martin Koppold, Daniela Reuschlein) zur kleinen Orgel, deren Part Martina Hellmann mit präziser, klangschön­er Tongebung ausführte.

Die Solisten-partien wurden von den jeweiligen Chorgruppe­n gesungen. Im sachten pastoralen Wiegen des einleitend­en Kyrie oder den fein gestaffelt­en rhythmisch­en Finessen etwa des „Et in terra pax“im Gloria, in einigen heiklen hohen Gesangslin­ien vermisste man dabei schon den Effekt der Soli-tutti-wechsel. Doch die großen Steigerung­en des Chorgesche­hens, vor allem auch im üppigen Credo, waren unter Wolfgang Reß’ Leitung organisch entwickelt, hatten sinnliche Präsenz wie auch das magisch ins Pianissimo verhauchte finale „Dona nobis pacem / Gib uns Frieden“des Agnus Dei. Antonín Dvorˇáks Geniestrei­ch, dem im Konzert Gabriel Faurés „Cantique de Jean Racine“und der 1. Satz aus Alexandre Guilmants 4. Orgel-sonate voranginge­n, wurde vom Publikum mit verdientem Beifall gewürdigt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany