Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Vom Kellner zum Chef eines Gastro-imperiums
Neben seinem Studium hat Torsten Petersen im Enchilada gejobbt. Heute ist er Geschäftsführer der Restaurant-gruppe. 91 Lokale arbeiten mit ihren Konzepten, vier in Augsburg.
Eine Bar findet Torsten Petersen auch heute noch faszinierend. Ein langer Tresen, an dem viele Personen zusammenkommen, Lebensgeschichten erzählt werden und der Tag mit ein paar sorgenfreien Stunden zu Ende gehen kann. Petersens Augen strahlen, wenn er von dem Arbeitsumfeld erzählt: „Es ist ein Ort, der für Menschen gemacht ist.“1993 hat der gebürtige Augsburger im Enchilada neben seinem Studium zum Kellnern begonnen, heute ist er im Vorstand der Enchilada Franchise AG, die mehrere Marken und Konzepte unter ihrem Dach vereint. 91 Lokale in Deutschland arbeiten mit einem Konzept der Gruppe, vier davon in Augsburg.
Eine Nachteule sei er noch nie gewesen, auch wenn er neben seinem Studium abends im Enchilada gejobbt habe. „Das hat einfach wunderbar gepasst. So konnte ich mein Studium finanzieren“, sagt er. Mit 19 habe er im Augsburger Enchilada – damals befand es sich in der Domkurve – zum Jobben angefangen. „Damals hat es neben dem Augsburger Enchilada nur eine Münchner Filiale gegeben. Wenn man so will, war das damals ein Start-up-unternehmen“, sagt Petersen. Eins, das schnell an Fahrt aufgenommen hat.
Drei Tage nach seiner Diplomprüfung fing der studierte Geograph schließlich in der Firmenzentrale von Enchilada in München an – dort ist er heute noch: Inzwischen arbeitet der gebürtige Augsburger, der mit seiner Familie in Affing lebt, als Vorstandsmitglied der Enchilada Franchise AG. Das Unternehmen sei Stück um Stück gewachsen. „Schon während meines Studiums habe ich in anderen Enchilada-filialen ausgeholfen, die gerade eröffnet wurden. Gleich nach meinem Studium habe ich eine Service-schulung für die Mitarbeiter entwickelt.“
Nach der mexikanischen Kette Enchilada, die heute an 32 Standorten in Deutschland vertreten ist, kommen mit den Jahren die spanische Tapas-bar Besitos, das italienische Restaurant Aposto, die Ketten Wilmas Wunder und Lehners Wirtshaus, die auf ihrer Speisekarte deutsche Küche mit regionalen Besonderheiten präsentieren, sowie die Burger-lokale Burgerheart hinzu. Daneben bietet das Unternehmen auch Einzelkonzepte an und tritt dann nicht als Franchisepartner, sondern als Kooperationspartner auf. Petersen: „Das Münchner Parkcafé gehört beispielsweise zu unseren Partnern. In Augsburg ist es der Ratskeller und das Riegele Wirtshaus.“
Neben Enchilada und Aposto betreibt das Unternehmen auch die beiden bayerischen Lokale in Augsburg. Für Petersen ist das kein Problem. Eine Stadt in der Größe von Augsburg gebe das schon her. „In Karlsruhe bieten wir beispielsweise drei verschiedene Konzepte an einem Platz an.“Die einzelnen Angebote der Enchilada Gruppe hätten ihren eigenen Charakter und sprächen unterschiedliche Zielgruppen an. So konkurrierten die einzelnen Lokale nicht um
Neun-euro-ticket habe viele Menschen in die Innenstadt gebracht
Gäste und hätten Vorteile aufgrund der Größe des Unternehmens. „Etwa beim Einkauf“, sagt Torsten Petersen. Die Franchiseangebote profitierten von ihrem Wiedererkennungswert.
Der 49-Jährige übernimmt im Laufe der Zeit immer mehr Verantwortung im Unternehmen. Viele Jahre ist er als Prokurist tätig und engagiert sich im Bereich Getränkeentwicklung und Schulungen. „2015 erhielt ich die Chance, Geschäftsführer zu werden und Anteile zu erwerben“, berichtet er. Nur wenige Jahre später habe Corona alles auf den Kopf gestellt. „Plötzlich wurde alles hinterfragt“, sagt er. Lockdown-phasen wurden dazu genutzt, um Betriebe zu renovieren. „Aufgrund von staatlichen Hilfen sind wir einigermaßen gut durchgekommen, warten aber natürlich noch auf die Endabrechnung“, sagt Petersen. In den Phasen, in denen Lokale keine Gäste empfangen und Speisen nur zum Mitnehmen anbieten konnten, habe er an der Aktion „Leere Stühle“des Leader Clubs teilgenommen. Bundesweit machten unbenutzte Stühle auf die Not der Gastronomen aufmerksam – auch auf dem Augsburger Rathausplatz.
„Während der Pandemie ist vielen Menschen die Bedeutung von Restaurants, Bars und Kneipen bewusst geworden. In der Soziologie werden sie auch der dritte Ort genannt, wo Menschen sich besonders oft nach ihrem Zuhause und dem Arbeitsplatz aufhalten“, sagt der Geschäftsführer.
Petersen ist in Deutschland viel unterwegs, kennt die Sorgen und Nöte der Gastronomen. Im Augsburger Aposto schaut er bei Geschäftsführer Alexander Vogt vorbei, trinkt einen Eistee und unterhält sich über die aktuelle Lage. „Wir haben 200 Plätze im Innenund 260 Plätze im Außenbereich“, sagt Vogt. Damit diese nachgefragt werden, brauche es auch ein gutes Innenstadtkonzept, mit einer ausgewogenen Mischung aus Handel und Gastronomie. „Es fehlen Parkplätze oder alternativ ein Anreizsystem für den Öffentlichen Personennahverkehr“, stellt Vogt fest. Das Neun-euro-ticket etwa, habe viele Menschen in die Innenstadt gebracht, hat der Chef des Aposto festgestellt. Petersen bedauert Leerstände. „Gerade das ehemalige Woolworth-geschäft steht schon so lange leer. Das ist schade.“
Auch wenn die Lokale nun wieder guten Zuspruch finden, Corona kein Thema mehr sei, seien die Umsätze noch nicht auf dem Niveau wie vor der Pandemie. Das liege an der Energiekrise, der Inflationsrate und der Ungewissheit, was in den nächsten Monaten kommt, so Petersen. Der 49-Jährige analysiert – jammern tut er nicht. „Ich habe gelernt, positiv zu denken.“Er will lieber über Mitarbeitermotivation und neue Geschäftsideen sprechen und nach vorne blicken. In den vergangenen Jahren hat er wie alle Gastronomen Höhen und Tiefen erlebt. „Dass ich in die Gastronomie gegangen bin, habe ich aber nie bereut.“