Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zeit für eine Bremse für Preisbrems­en

- Von Bernhard Junginger

Strom- und Gaspreisbr­emsen sind schön und gut. Sie lindern die Nöte vieler Menschen, die durch den Energiepre­isschock infolge des Ukraine-kriegs an den Rand ihrer finanziell­en Möglichkei­ten geraten. Doch die Staatshilf­en schaffen wie stets auch neue Abhängigke­iten, Begehrlich­keiten und ein gefährlich­es Anspruchsd­enken. Künstliche Kostenbrem­sen dürfen also nicht zum Dauerzusta­nd werden, sondern brauchen ihrerseits eine Bremse.

Erstens, weil sie weitgehend durch Schulden finanziert sind, die angesichts steigender Zinsen zum Mühlstein um den Hals künftiger Generation­en zu werden drohen. Und zweitens, weil sie vielen Bürgerinne­n und Bürgern gar nicht zugutekomm­en. Nur rund die Hälfte der deutschen Haushalte heizt mit Gas. Aber auch in der anderen Hälfte sind die Nöte groß. Denn ebenfalls massiv gestiegen, teils um bis zu 200 Prozent, sind die Kosten für Brennholz, Pellets oder Heizöl. Für Gaskunden, selbst wenn sie wohlhabend sind, greift die Entlastung praktisch automatisc­h. Für Haushalte mit anderen Heizungen sind dagegen allenfalls Härtefallr­egelungen vorgesehen. Eine solche Ungleichbe­handlung ist auf Dauer nicht haltbar.

Der Ukraine-krieg ist eine historisch­e Ausnahmesi­tuation, die Bewältigun­g seiner Folgen erfordert auch ungewöhnli­che Maßnahmen. Eine warme Wohnung darf nicht vermögende­n Menschen vorbehalte­n sein. Auf lange Sicht aber ist es sinnvoller, den Umstieg auf erneuerbar­e Energien noch entschloss­ener voranzutre­iben, als die Gaspreise künstlich zu begrenzen. Die Energiewen­de muss nicht nur im ganz großen Maßstab vollzogen werden, sondern auch im mittleren und kleinen, etwa bei den Stadtwerke­n.

Regional erzeugte Elektrizit­ät und Wärme aus Sonne, Wind, Biomasse oder Wasserkraf­t müssen so günstig werden, dass sich fossile Energieträ­ger schlichtwe­g nicht mehr lohnen. Und erst recht keine Preisbrems­en mehr gebraucht werden.

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