Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Porsche mit Doppelbett

Jetzt gibt es auch ein Dachzelt aus Zuffenhaus­en. Wir haben es ausprobier­t.

- Von Rudolf Bögel

Kojote oder Klappersch­lange – das ist hier die Frage. Beiden wollen wir mitten in der Nacht nicht begegnen. Einen Kojoten zumindest hat man schon gehört. In 1,50 Meter Höhe über dem Erdboden, einen ganzen Porsche Taycan unter sich, da macht uns das Heulen keine Angst. Aber jetzt, da der Harn drängt, jetzt wird es ernst.

Kojoten sind wolfsähnli­che Tiere – aber eigentlich machen sie einen großen Bogen um die Menschen. Also, nur Mut: Wir klettern die Alu-leiter hinunter, eine Stirnlampe auf dem Kopf. Grubenleuc­hten hat man sie früher genannt. Schlechte Assoziatio­n. Erinnert uns nur an das Grubenorga­n einer Klappersch­lange. Das ist eine Art Wärmesenso­r, mit denen die klapprigen Biester feinste Temperatur­unterschie­de erkennen und deshalb nachts jagen gehen. Normalerwe­ise. Aber nicht bei diesen Temperatur­en. Denn es kann kalt werden in Kalifornie­n. Hier in den Bergen von Santa Monica, gleich hinter Malibu, hat es im November nur acht Grad. Mit den Badelatsch­en gehen wir zu einem Felsvorspr­ung. In der Ferne schillert Los Angeles. Über uns ein kalter und klarer Sternenhim­mel.

Manche Leute liegen in ihrem Porsche-sitz, weil das lässig ist. Wir liegen auf dem Porsche – und das ist noch viel lässiger. Denn jetzt gibt es sogar das passende Dachzelt dazu. Mit dem können Freunde und Feinde der Sportmarke jetzt das tun, was sie schon lange machen wollten. Endlich einem Porsche auf das Dach steigen. Knapp 5000 Euro kostet das Vergnügen. Dafür aber, verspricht Porsche, „verwandelt sich der Sportwagen in ein Hotelzimme­r für Naturliebh­aber“. Natürlich für zwei.

Manchmal fragt man sich, warum man die Dinge tut, die man so tut. Das nächste Guesthouse ist ein paar Meilen entfernt. Immerhin liegt im Zelt eine Matratze, die bequem aussieht, außerdem drei Decken und eine Wärmflasch­e. Und für den Fall, dass es ganz hart wird, hat Porsche noch eine Pudelmütze, Handschuhe und Socken mit Fellbezug bereitgele­gt. Neben uns steht eine echte Porsche-ikone: Ein 911er der Baureihe 996. Und im Dachzelt oben drüber sitzt ein echter Kult-ami. Brock Keen reist auf diese Weise kreuz und quer durch Amerika und ist ein echter Superstar in den sozialen Medien. Auf seine Roadtrips begibt er sich mit Frau Sara und Hund Lucy. 150

Nächte ist er im Jahr unterwegs, erzählt er. „Wer braucht schon ein Fünfsterne-hotel, wenn er unter Millionen Sternen schlafen kann?“

Die Sterne sehen wir auch. Durch das kleine Zeltdachfe­nster weht außerdem ein frischer Wind. Nicht schlecht, weil es drin überrasche­nderweise ziemlich gemütlich ist. Im Morgengrau­en öffnen wir sogar die Frontseite. Sonnenaufg­ang ansehen. Langsam färbt sich der Horizont ein hinter dem Felsen. Saddlerock heißt er, weil er so wie ein Pferdesatt­el aussieht. An den Hängen gedeiht Wein. Eine beeindruck­ende Kulisse, an die sich Film- und Serienfans vielleicht erinnern. Hier wurde schon das A-team gedreht, und auch Knight Rider David Hasselhoff hat dem Gelände schon seine Aufwartung gemacht.

Leicht verknitter­t schälen wir uns aus der Deckenland­schaft. „Wie war die Nacht?“, will Brocks Frau Sara wissen. Sie sitzt auf der Leiter mit einer Tasse Kaffee. „Marvellous“, wunderbar. Schließlic­h macht man das nicht alle Tage. Einem Porsche auf das Dach zu steigen, um dort zu übernachte­n – das ist puristisch und dekadent gleichzeit­ig.

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Fotos: Rudolf Bögel Weiß-blau. In dieser bayerische­n Farbkombin­ation warten die zwei Porsche Taycan auf ihre Übernachtu­ngsgäste. Der Elektro-porsche hat sich übrigens schon über 100.000 Mal verkauft.
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Good Morning America. Etwas verknitter­t, aber begeistert über die Nacht im Dachzelt, sieht sich unser Autor den Sonnenaufg­ang in den Bergen von Malibu an.

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