Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Porsche mit Doppelbett
Jetzt gibt es auch ein Dachzelt aus Zuffenhausen. Wir haben es ausprobiert.
Kojote oder Klapperschlange – das ist hier die Frage. Beiden wollen wir mitten in der Nacht nicht begegnen. Einen Kojoten zumindest hat man schon gehört. In 1,50 Meter Höhe über dem Erdboden, einen ganzen Porsche Taycan unter sich, da macht uns das Heulen keine Angst. Aber jetzt, da der Harn drängt, jetzt wird es ernst.
Kojoten sind wolfsähnliche Tiere – aber eigentlich machen sie einen großen Bogen um die Menschen. Also, nur Mut: Wir klettern die Alu-leiter hinunter, eine Stirnlampe auf dem Kopf. Grubenleuchten hat man sie früher genannt. Schlechte Assoziation. Erinnert uns nur an das Grubenorgan einer Klapperschlange. Das ist eine Art Wärmesensor, mit denen die klapprigen Biester feinste Temperaturunterschiede erkennen und deshalb nachts jagen gehen. Normalerweise. Aber nicht bei diesen Temperaturen. Denn es kann kalt werden in Kalifornien. Hier in den Bergen von Santa Monica, gleich hinter Malibu, hat es im November nur acht Grad. Mit den Badelatschen gehen wir zu einem Felsvorsprung. In der Ferne schillert Los Angeles. Über uns ein kalter und klarer Sternenhimmel.
Manche Leute liegen in ihrem Porsche-sitz, weil das lässig ist. Wir liegen auf dem Porsche – und das ist noch viel lässiger. Denn jetzt gibt es sogar das passende Dachzelt dazu. Mit dem können Freunde und Feinde der Sportmarke jetzt das tun, was sie schon lange machen wollten. Endlich einem Porsche auf das Dach steigen. Knapp 5000 Euro kostet das Vergnügen. Dafür aber, verspricht Porsche, „verwandelt sich der Sportwagen in ein Hotelzimmer für Naturliebhaber“. Natürlich für zwei.
Manchmal fragt man sich, warum man die Dinge tut, die man so tut. Das nächste Guesthouse ist ein paar Meilen entfernt. Immerhin liegt im Zelt eine Matratze, die bequem aussieht, außerdem drei Decken und eine Wärmflasche. Und für den Fall, dass es ganz hart wird, hat Porsche noch eine Pudelmütze, Handschuhe und Socken mit Fellbezug bereitgelegt. Neben uns steht eine echte Porsche-ikone: Ein 911er der Baureihe 996. Und im Dachzelt oben drüber sitzt ein echter Kult-ami. Brock Keen reist auf diese Weise kreuz und quer durch Amerika und ist ein echter Superstar in den sozialen Medien. Auf seine Roadtrips begibt er sich mit Frau Sara und Hund Lucy. 150
Nächte ist er im Jahr unterwegs, erzählt er. „Wer braucht schon ein Fünfsterne-hotel, wenn er unter Millionen Sternen schlafen kann?“
Die Sterne sehen wir auch. Durch das kleine Zeltdachfenster weht außerdem ein frischer Wind. Nicht schlecht, weil es drin überraschenderweise ziemlich gemütlich ist. Im Morgengrauen öffnen wir sogar die Frontseite. Sonnenaufgang ansehen. Langsam färbt sich der Horizont ein hinter dem Felsen. Saddlerock heißt er, weil er so wie ein Pferdesattel aussieht. An den Hängen gedeiht Wein. Eine beeindruckende Kulisse, an die sich Film- und Serienfans vielleicht erinnern. Hier wurde schon das A-team gedreht, und auch Knight Rider David Hasselhoff hat dem Gelände schon seine Aufwartung gemacht.
Leicht verknittert schälen wir uns aus der Deckenlandschaft. „Wie war die Nacht?“, will Brocks Frau Sara wissen. Sie sitzt auf der Leiter mit einer Tasse Kaffee. „Marvellous“, wunderbar. Schließlich macht man das nicht alle Tage. Einem Porsche auf das Dach zu steigen, um dort zu übernachten – das ist puristisch und dekadent gleichzeitig.