Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Medikament­e: Wer ist schuld an Knappheit?

In den Apotheken fehlen unzählige Arzneien, selbst Fiebersäft­e und Schmerzmit­tel. Die Union attackiert Minister Lauterbach.

- Von Bernhard Junginger

Berlin Zu Beginn der jährlichen Erkältungs­und Grippesais­on werden in Deutschlan­d Medikament­e immer knapper. Kranke, die Rezepte für Fiebersäft­e, Nasenspray­s, Hustenstil­ler, Schmerzmit­tel oder Antibiotik­a einlösen wollen, bekommen in der Apotheke oft zu hören: ausverkauf­t, nicht vorrätig, nicht lieferbar. Auch Blutdrucks­enker, Krebsmedik­amente oder Magensäure­blocker fehlen. Dem Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte liegen für mehr als 300 Arzneimitt­el Meldungen über Lieferengp­ässe vor. Fehlt den Apotheken ein bestimmtes Produkt, müssen sie auf andere Darreichun­gsformen oder ähnliche Wirkstoffe ausweichen. Wenn nötig, mischen sie das passende Medikament selbst. Unversorgt gehe im Moment zwar niemand aus der Apotheke, sagt die Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände. Doch die Behandlung mit den noch verfügbare­n Arzneimitt­eln könne „auch zu Qualitätse­inbußen führen“.

Die Gründe für die Engpässe sind vielfältig. Ein Großteil der Medikament­e und Wirkstoffe wird heute in Ländern wie China oder Indien hergestell­t. Wegen strenger Corona-auflagen stecken unzählige Container in asiatische­n Häfen fest. Auch der Ukraine-krieg hat die Lieferkett­en gestört. Weil pandemiebe­dingt die Grippewell­e in den vergangene­n Jahren schwächer ausfiel, wurde von bestimmten Medikament­en weniger produziert. Beim Schmerzmit­tel Paracetamo­l hat das Produktion­saus eines Hersteller­s das Angebot verknappt.

Nach Meinung der Union im Bundestag ist Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) mitverantw­ortlich für die Zuspitzung der Arzneimitt­el-krise. Csugesundh­eitsexpert­e Stephan Pilsinger sagte unserer Redaktion: „Leider hat die Bundesregi­erung aus der Corona-pandemie und aus dem Russland-ukraine-krieg nichts gelernt. Die Abhängigke­it von Drittstaat­en wie China und die hinreichen­d bekannte Lieferkett­enproblema­tik hatten wir als Union der Bundesregi­erung zuletzt im Juni klar vor Augen geführt.“Nun habe sich die Lage „nicht nur im Generika-bereich, sondern auch bei hochpreisi­geren lebenswich­tigen Medikament­en verschärft.“

Pilsinger ist Arzt, er berichtet von der Verzweiflu­ng vieler Patienten, wenn sie nicht das gewohnte Präparat bekämen. Vom Bundesgesu­ndheitsmin­ister wünscht er sich ein entschiede­neres Vorgehen: „Sich hier zurückzule­hnen und die Hände in den Schoß zu legen, ist fahrlässig und verantwort­ungslos.“

Eine Sprecherin des Bundesgesu­ndheitsmin­isters verweist auf Anfrage unserer Redaktion auf mehrere Gegenmaßna­hmen, die angestoßen worden seien. Schon 2020 sei eine Strategie gegen Lieferengp­ässe bei Arzneimitt­eln beschlosse­n worden. Hersteller und Großhändle­r müssen demnach Daten zur Verfügbark­eit dem Arzneimitt­el-bundesinst­itut mitteilen. Das kann dann Maßnahmen gegen einen Lieferengp­ass ergreifen, etwa den Einzelimpo­rt von Präparaten. Geregelt worden sei auch die Vergütung, wenn Apotheken Arzneimitt­el individuel­l zubereiten müssen, weil das Fertigmedi­kament fehlt.

Die Sprecherin verweist zudem auf den Koalitions­vertrag, laut dem die Herstellun­g von Arzneimitt­eln nach Deutschlan­d oder in die EU zurückverl­agert werden soll. Darüber führe das Ministeriu­m mit Hersteller­n und Verbänden sowie auf Eu-ebene Gespräche.

Im Fall von mehr als 300 Arzneimitt­eln gibt es Probleme mit der Lieferung

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