Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Schaukampf der Demokratie
Nähme man die Generaldebatte im Bundestag zum Maßstab, dann stünde es schlecht um die Demokratie in Deutschland. Deftige Vorwürfe werden sich heftig um die Ohren geknallt. Regierung und Opposition sind unversöhnlich durch tiefe Gräben getrennt. Doch die Aussprache über den Bundeshaushalt, die die Generaldebatte eigentlich sein soll, hat sich in der parlamentarischen Tradition zum Kampf für die Galerie entwickelt. Es gilt das Motto Streitaxt statt Florett, bewusste Überspitzung statt differenzierte Argumente. Die Opposition wirft der Regierung vor, das Land in die Grütze zu fahren. Die Regierung keilt zurück und präsentiert stolz ihre Liste der Errungenschaften für das Volk.
Dass die Demokratie in Deutschland aber intakt ist, hat sich in den beiden Tagen vor der Generaldebatte gezeigt. Im Vermittlungsverfahren einigten sich die drei Ampel-parteien und die Union auf einen Kompromiss zum Bürgergeld. Es ist ein gutes Zeichen, dass die den Staat tragenden Parteien der Mitte bei den entscheidenden Entscheidungen kompromissfähig sind. In den USA funktioniert das nicht mehr, was zur Selbstblockade des Systems führt. Das Beispiel Amerika lehrt, dass die grundlegende Kompromissbereitschaft binnen einer Generation zerstört werden kann.