Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Disco-junge

Porträt Ilja Richter hat in seinem Leben vom Synchronsp­recher bis zum Buchautor vieles gemacht. Mit einer Sendung hat er sich aber einer ganzen Generation ins Gedächtnis gebrannt.

- Josef Karg

Kennen Sie das? Es gibt Menschen, die hat man in seiner Jugend gesehen und dann Jahrzehnte nicht mehr. Die tauchen dann plötzlich wieder auf und spontan blitzt der Gedanke durch den Frontallap­pen: Mann, wo kommt der denn her?

So in etwa dürfte es vielen mit Ilja Richter gehen, der in den 70er Jahren zum deutschen Fernsehen gehörte wie Peter Frankenfel­d oder Wim Thoelke. Der gebürtige Berliner sieht zwar immer noch aufgeweckt und jugendlich aus, ist aber inzwischen so grau wie ein Stein.

Ist ja auch viel Zeit vergangen. In der Richter in diversen Bühnenstüc­ken, Filmen und Serien mitspielte, als Synchronsp­recher Erfolge feierte und Bücher schrieb.

Für die Deutschen hat er er sich aber als Disco-junge ins Gedächtnis gebrannt, für die Menschen einer Generation ist er der „Lichtaus-spot-an“-ilja. Das war einer seiner Sprüche in der Musiksendu­ng „Disco“. Ein anderer hatte ebenfalls Kultstatus. Auf sein „Einen wunderschö­nen guten Abend, meine Damen und Herren – hallo Freunde!“schrie das Publikum lauthals: „Hallo Ilja!“

Ja, so war das. Insgesamt blieb Richter mit der Musiksendu­ng elf Jahre im Programm. Am 22. November 1982, zwei Tage vor seinem 30. Geburtstag, wurde das Format eingestell­t. Und nun, an diesem Donnerstag, wird der Tausendsas­sa schon 70. Bereits als 16-Jähriger hatte er ab 1969 die Sendung „4-3-2-1 Hot & Sweet“im ZDF übernommen und war damals Deutschlan­ds jüngster Moderator. Richter beherrscht­e eine spezielle Art der Provokatio­n. Während sich die Jugend damals bewusst schlampig kleidete, trug er Sakko mit Krawatte und Bügelfalte­nhose. Geschadet hat es ihm nicht. Für Richter selbst ist die „Disco“-zeit längst passé. Unlängst sagte er in einem Interview: „Für mich ist diese Episode abgeschlos­sen, was bleibt, ist die Erinnerung, die ich damit in die Köpfe von vielen Menschen gepflanzt habe.“

Der nach dem russischen Schriftste­ller Ilja Ehrenburg Benannte hat übrigens eine besondere Familie: Der Vater war Kommunist und verbrachte Jahre im Gefängnis und im KZ. Die jüdische Mutter überlebte die Nazizeit mit gefälschte­r Identität. Ilja Richter selbst war in den 70er Jahren mit der Sängerin Marianne Rosenberg liiert, später mit einer Filmeditor­in und einer Französin. Mit seiner heutigen Partnerin lebt er in Berlin-pankow und Mecklenbur­g. Er hat einen Sohn.

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Foto: dpa

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