Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ungarn muss um Milliarden bangen
Reformversprechen reichen EU nicht aus
Budapest Im Drama um Ungarn bahnt sich eine überraschende Wende an. Anders als zunächst geplant, droht Budapest nun doch leer auszugehen. Die Eu-kommission will nach Informationen unserer Redaktion den übrigen Mitgliedstaaten nächste Woche empfehlen, die Fördergelder eingefroren zu lassen. Es geht um viele Milliarden Euro. So wartet der autoritäre Regierungschef Viktor Orban derzeit auf 5,8 Milliarden Euro aus dem Corona-wiederaufbaufonds. Außerdem stehen dem Land eigentlich 7,5 Milliarden Euro aus dem bis 2027 laufenden Eu-haushalt zu. Diese Mittel sind blockiert, seit die Kommission im April den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus ausgelöst hat. Zwar vereinbarten die Kommission und die ungarische Regierung 17 Reformschritte, die bis zum 19. November umgesetzt werden sollten und mit denen die Regierung die weit verbreitete systemische Korruption bekämpfen und die Unabhängigkeit der Justiz wiederherstellen wollte. Doch die Versprechen, die vergangenen Samstag in der Behörde eingingen, seien „zu kurz gesprungen“, wie es ein Insider aus der Behörde nannte. Das Eingereichte entspräche nicht im Ansatz den Absprachen. Um Gelder weiterhin zurückzuhalten, bräuchte es eine qualifizierte Mehrheit. Doch diese Mehrheit könnte laut Diplomaten schwer zu erreichen sein. Ungarn setzt die Partner mit seiner Veto-politik unter Druck. Und in Südosteuropa wächst die Angst, dass auch sie mit Kürzungen von Geldern rechnen müssen.