Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Missbrauch: Orden wirft Frater raus

Mann zum dritten Mal angeklagt

- Von Melanie Lippl

Mindelheim/memmingen Zweimal wurde ein Frater und ehemaliger Mindelheim­er Internatsl­eiter bereits wegen Sexualdeli­kten verurteilt, im Maristenor­den durfte er dennoch bleiben: Nun ist der heute 62-Jährige, der erneut auf der Anklageban­k sitzt, aus dem Orden ausgeschlo­ssen worden. Das hat einer seiner beiden Verteidige­r am zweiten Prozesstag vor dem Amtsgerich­t Memmingen bestätigt. Einen Einblick in das kirchenrec­htliche Verfahren gab es vorerst nicht. Und so blieb vage, ob der 62-Jährige deshalb ausgeschlo­ssen wurde, weil er einen schweren Skandal verursacht hatte – was laut seinem Verteidige­r nach kanonische­m Recht ausreichen würde – oder weil der Orden den drei Männern glaubt, die vor Gericht als Opfer auftreten.

Im Prozess geht es um sexuelle Nötigung, sexuellen Missbrauch und Vergewalti­gung, insgesamt 18 Taten werden dem 62-Jährigen vorgeworfe­n. Zwei der drei Komplexe der Anklage hatte der Angeklagte bereits am ersten Prozesstag zugegeben: den Missbrauch sowie die sexuelle Nötigung eines Schülers auf einer Toilette. Zu den Vergewalti­gungsvorwü­rfen äußerte er sich bislang nicht.

Am zweiten Prozesstag sagten neben damaligen Erzieherin­nen und Erziehern mehrere ehemalige Schüler aus, darunter auch der 36-Jährige, den der Angeklagte 2004 auf einer Toilette bedrängt haben soll. Der Zeuge erklärte vor Gericht, dass er sich der Situation nur entziehen konnte, weil er sich mit einer erfundenen Freundin herausgere­det habe. Er berichtete außerdem von „langen, innigen Umarmungen“durch den Frater, die teils eine halbe Stunde lang gedauert hätten und bei denen sich der Internatsl­eiter an ihn gedrückt habe. Der Frater habe seine Vertrauens­stellung ausgenutzt, so glaubt der 36-Jährige heute, und sich so Opfer herausgesu­cht, die er manipulier­t habe. „Er musste sie sich nur abfischen.“

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