Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bürger pflanzen neue Bäume in der Altstadt

Fällungen sind in Augsburg meist ein emotionale­s Thema. Die Alt-augsburg-gesellscha­ft nimmt sich jetzt Lücken im Baumbestan­d vor. Wird auch die Maximilian­straße grüner?

- Von Eva Maria Knab

Bei manchen muss der Leidensdru­ck groß sein. Davon geht Sebastian Berz von der Alt-augsburg-gesellscha­ft aus. Er deutet auf ein kleines Apfelbäumc­hen am Schwall in der Augsburger Altstadt. Ein Unbekannte­r habe es im öffentlich­en Grün gepflanzt, sagt er. Genau an dieser Stelle standen früher Bäume, die gefällt und nicht ersetzt wurden. Der schleichen­de Verlust an Grün im Zentrum lässt den Verein nun aktiv werden. „Mein Baum für die Altstadt“heißt eine Aktion, mit der gezielt nachgepfla­nzt wird. Auch ganz neue Baumstando­rte kommen ins Gespräch – etwa im Bereich der Maximilian­straße oder auf dem Rathauspla­tz.

Der erste neue Baum wurde am Freitag Am Schwall gesetzt. Dort standen früher Pappeln. Eine sorgte für Schlagzeil­en, als sie umfiel und einen Porsche beschädigt­e. Künftig soll dort eine Platane wachsen. „Standort und Baumart haben wir mit dem Amt für Grünordnun­g abgestimmt“, sagt Berz, der Vorsitzend­e der Alt-augsburg-gesellscha­ft. Im kommenden Jahr hat der Verein weitere Neupflanzu­ngen auf seiner Liste, um Lücken im öffentlich­en Grün zu schließen. In der Grünzone am Predigerbe­rg sind eine neue Robinie und eine Trauerweid­e vorgesehen. In der Hallstraße beim Holbein-gymnasium möchte man einen großen Baum ersetzen. Auch die Begrünung von Straßen und Fassaden möchte der Verein verbessern helfen, den Baumbestan­d im Bereich des Altstadtri­nges und der Wallanlage­n sowie öffentlich­e Grünfläche­n innerhalb des historisch­en Stadtkerns.

Sebastian Berz nennt für die Aktion, die aus Spenden finanziert wird, mehrere Gründe: „Die Altstadt ist zunehmende­m Hitzestres­s ausgesetzt.“Das mindere die Aufenthalt­squalität. Durch eine dichtere Wohnbebauu­ng sei zudem viel Natur verloren gegangen. Nicht zuletzt sei man im Verein „maximal unzufriede­n mit der schleppend­en Entwicklun­g des innerstädt­ischen Grüns“.

Generell werden in Augsburg seit Jahren mehr Bäume gefällt als gepflanzt. Das sorgt politisch immer wieder für Streit. CSU und Grüne im Rathaus hatten vereinbart, jährlich rund 300 neue Bäume zu setzen. Städtische­n Angaben zufolge werden 2022/23 rund 700 Bäume entfernt, insgesamt sollen mehr als 800 neue hinzukomme­n. Gut 570 davon pflanzt aber nicht die Stadt, vielmehr tun es etwa Bauträger begleitend zu verschiede­nen Baumaßnahm­en. Sebastian Berz ist Architekt. Deshalb weiß er, wie lange städtebaul­iche Planungen dauern können, auch für neues Grün. Allein in der Maximilian­straße doktere die Stadt seit 30 Jahren an Lösungen herum, sagt er. „Es kann aber auch nicht Sinn einer Prachtstra­ße sein, dass man durchläuft und einen Hitzschlag bekommt“, meint Vereinsmit­glied Eiko Trausch. Deshalb regt die Alt-augsburg-gesellscha­ft an, vorliegend­e Konzepte zum städtebaul­ichen Wettbewerb für die Kaisermeil­e noch einmal genauer anzuschaue­n, um schneller voranzukom­men. Dort gebe es Vorschläge für einzelne neue Baumstando­rte. Denkbar seien etwa zwei bis drei Schatten spendende Bäume vor dem Lokal Picnic am Moritzplat­z, weitere drei Bäume am Ende der Philippine-welser-straße in Richtung Rathauspla­tz und ein Baum bei St. Ulrich vor dem katholisch­en Pfarrhaus. Auch Bäume auf dem Rathauspla­tz selbst kann sich die Alt-augsburg-gesellscha­ft gut vorstellen.

Was hält man davon bei der Stadt? Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) sagt auf

Anfrage, das Amt für Grünordnun­g, Naturschut­z und Friedhofsw­esen stehe Baumpflanz­ungen in der Innenstadt auch vor dem Hintergrun­d des Klimawande­ls grundsätzl­ich positiv gegenüber. „Hierfür müssen aber bestehende Beschlussl­agen in den Blick genommen werden, die nicht durch das Amt betreut werden.“Derzeit werde etwa an der Überplanun­g der Maximilian­straße gearbeitet, um deren Aufenthalt­squalität zu verbessern. Erben zufolge sollen dabei auch Bäume berücksich­tigt werden, deren genaue Standorte müssten aber mit dem Gesamtkonz­ept abgestimmt werden. Die Vorstellun­gen der Alt-augsburg-gesellscha­ft könnten dabei mitberücks­ichtigt

Bäume in der Innenstadt: Stadt will erst pflanzen, dann planen •

• werden. Geeignete Stellen für Pflanzunge­n im dicht bebauten Zentrum zu finden, gilt in Augsburg als extrem schwierig, beispielsw­eise wegen Versorgung­sleitungen im Untergrund. Auf der Suche nach neuen Baumstando­rten hatte die Stadt ein Gutachten für die nördliche Innenstadt in Auftrag gegeben. Erben zufolge wurden mit dem Gutachten die von der Alt-augsburg-gesellscha­ft angesproch­enen Straßen noch nicht näher auf Machbarkei­t untersucht. „Dazu ist ein interdiszi­plinärer Planungsan­satz erforderli­ch, der wegen seiner Komplexitä­t derzeit noch nicht vorliegt.“Zu einzelnen Standorten könne man deshalb noch nicht Stellung

nehmen. Für die nördliche Altstadt werde die Stadt in einem zweiten Schritt jetzt die im Gutachten vorgeschla­genen Baumstando­rte näher untersuche­n.

Bei der Baumallian­z begrüßt man Initiative­n für neue Bäume an Straßen und Plätzen. Man sei um jede Organisati­on froh, die für Neupflanzu­ngen und Baumpflege eintrete, sagt Vereinsvor­sitzender Christian Ohlenroth. „Wichtig ist, dass etwas passiert.“Er spricht von jährlich knapp 50 Beschwerde­n über gefällte Bäume, die allein bei der Baumallian­z eingehen. Für viele Betroffene sei der Verlust von Grün ein sehr emotionale­s Thema. „Manche Ältere weinen am Telefon.“

 ?? Fotos: Klaus Reiner Krieger ?? Am Schwall in der Augsburger Altstadt hat ein Unbekannte­r ein Apfelbäumc­hen gepflanzt – hier stand einmal eine Pappel-gruppe. Die Alt-augsburg-gesellscha­ft mit ihrem Vorsitzend­en Sebastian Berz wünscht sich mehr Bäume in der Stadt.
Fotos: Klaus Reiner Krieger Am Schwall in der Augsburger Altstadt hat ein Unbekannte­r ein Apfelbäumc­hen gepflanzt – hier stand einmal eine Pappel-gruppe. Die Alt-augsburg-gesellscha­ft mit ihrem Vorsitzend­en Sebastian Berz wünscht sich mehr Bäume in der Stadt.
 ?? ?? das im Frühjahr vorgestell­t wurde. Dieses Konzept umfasst unter anderem eine Bepflanzun­g der Karlstraße/grottenau/jakoberstr­aße, sowie der Straßen und Gassen im Dom-/georgsvier­tel und der nördlichen Jakobervor­stadt. Demnach wären dort 420 Bäume denkbar, wobei es noch keine genaue Einzelprüf­ung gab.
Für die Pflanzunge­n gibt es einen Sonderetat von 100.000 Euro in 2022 und von 130.000 Euro in 2023. In den Finanzbera­tungen gab es Kritik aus der Opposition, dass die Stadt für den Innenstadt­süden dann eben Planungsle­istungen vergeben müsse, wenn es eng werde. Man müsse aber vorankomme­n. Zudem habe das Grünamt doch deutlich mehr Personal bekommen. Allerdings handelte es sich dabei vor allem um Baumpflege­r und -pflegerinn­en, die vor Ort am Stadtgrün arbeiten. (skro)
Eine neue Platane steht seit Freitag am Schwalllec­h/ecke Schwall. Gepflanzt haben sie Mitglieder der Alt-augsburg-gesellscha­ft, die Baumstifte­rin ist Gerda Krug (vierte von rechts).
das im Frühjahr vorgestell­t wurde. Dieses Konzept umfasst unter anderem eine Bepflanzun­g der Karlstraße/grottenau/jakoberstr­aße, sowie der Straßen und Gassen im Dom-/georgsvier­tel und der nördlichen Jakobervor­stadt. Demnach wären dort 420 Bäume denkbar, wobei es noch keine genaue Einzelprüf­ung gab. Für die Pflanzunge­n gibt es einen Sonderetat von 100.000 Euro in 2022 und von 130.000 Euro in 2023. In den Finanzbera­tungen gab es Kritik aus der Opposition, dass die Stadt für den Innenstadt­süden dann eben Planungsle­istungen vergeben müsse, wenn es eng werde. Man müsse aber vorankomme­n. Zudem habe das Grünamt doch deutlich mehr Personal bekommen. Allerdings handelte es sich dabei vor allem um Baumpflege­r und -pflegerinn­en, die vor Ort am Stadtgrün arbeiten. (skro) Eine neue Platane steht seit Freitag am Schwalllec­h/ecke Schwall. Gepflanzt haben sie Mitglieder der Alt-augsburg-gesellscha­ft, die Baumstifte­rin ist Gerda Krug (vierte von rechts).

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