Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mann bietet gefälschte Markenklei­dung auf Flohmarkt an – und muss zahlen

Weil er finanziell in der Klemme steckte, bot ein Mann auf einem Augsburger Flohmarkt gefälschte Kleidungss­tücke an. Vor Gericht versuchte er deutlich zu machen, warum er sich angeblich nichts dabei dachte.

- Von Michael Siegel

Er wollte mengenweis­e gefälschte Markentext­ilien auf einem Augsburger Flohmarkt verkaufen und wurde dabei ertappt. Gegen den Strafbefeh­l in Höhe von 2700 Euro Strafe legte der 34-jährige Einspruch ein. Der Fall landete deshalb vor Gericht. Im Prozess am Amtsgerich­t wurde dem Angeklagte­n die Aussichtsl­osigkeit seines Unterfange­ns recht schnell klar.

Im Verfahren ging es um die Frage, ob der Angeklagte einen „vermeidbar­en Rechtsfolg­enirrtum“begangen hatte. Wusste er also von der Unrechtmäß­igkeit seines Tuns – oder konnte er dem Gericht nachvollzi­ehbar belegen, dass er nicht wusste, nicht wissen konnte, dass sein Handeln verboten war? Februar in diesem Jahr: Auf einem Flohmarkt in der Reichenber­ger Straße bietet der Angeklagte seine Waren an. Es sind über 180 T-shirts, Pullover, Sweatjacke­n, Sporthosen und dergleiche­n. Neue Textilien, die die Namen bekannter Marken tragen – Adidas, Puma, Nike, Calvin Klein, Tommy Hilfiger, Gucci, Armani, Boss – die aber viel billiger zu kaufen sind als die Originale. Bei einer Wohnungsdu­rchsuchung des Mannes finden sich weitere Fälschunge­n. Wie er auf den Gedanken gekommen sei, diese Falsifikat­e auf dem Flohmarkt zu verkaufen, will Richter Dominik Wagner von dem Mann aus Bulgarien wissen.

Er erklärt, er habe einige Wochen zuvor, damals als Abbrucharb­eiter beschäftig­t, einen schweren Betriebsun­fall erlitten. Ihm sei zu einer Bandscheib­enoperatio­n geraten worden. Weil er daraufhin selbst seine Kündigung beim Chef eingereich­t hatte, habe er drei Monate

lang kein Geld gehabt, weder von der Firma noch von der Arbeitsage­ntur. Geblieben seien ihm seine Kosten für Miete, Strom und private Nachzahlun­gen. Um finanziell über die Runden zu kommen, habe er sich von Freunden insgesamt 1200 Euro geliehen, sei nach Tschechien gefahren und habe sich dort die genannten Textilen besorgt – mit dem Ziel, diese gewinnbrin­gend in Augsburg weiterzuve­rkaufen. An keiner Stelle seiner

Erläuterun­g machte der Mann einen Hehl daraus, im Unklaren darüber gewesen zu sein, dass sein Tun unerlaubt sei.

Ja, antwortete er auf Nachfrage des Richters, es sei wohl auch in seiner bulgarisch­en Heimat nicht erlaubt, Falsifikat­e zu verkaufen. Warum er es dennoch getan habe? Er habe trotz seines lädierten Rückens Geld verdienen wollen, um seinen Verbindlic­hkeiten nachzukomm­en, so der Angeklagte. Dass er es mit der Polizei zu tun bekommen könnte, das habe er nicht gedacht. Schließlic­h würden andere Händler auf diesem und auf weiteren Flohmärkte­n auch solche Textilien verkaufen.

Die Meinungsve­rschiedenh­eit zwischen Richter Wagner und Staatsanwa­lt Andreas Breitschaf­t einerseits sowie Verteidige­r Stefan Pfalzgraf in Bezug auf Rechtsfolg­eirrtum währte nicht lange. Richter Wagner stellte unmissvers­tändlich klar, dass es am Strafbefeh­l der Staatsanwa­ltschaft für den Angeklagte­n nichts zu beanstande­n gebe und er dringend rate, über eine Zurücknahm­e des Einspruchs nachzudenk­en.

Schon im Ermittlung­sverfahren habe der Angeklagte sich schuldbewu­sst und geständig gezeigt, weswegen der Strafbefeh­l sich an der unteren Grenze bewege. Jetzt vor Gericht würden keine neuen Argumente angeführt. In einer Verhandlun­gspause erklärte Pfalzgraf seinem Mandanten die Bredouille und dass es sinnvoll sei, den Einspruch zurückzune­hmen, bevor ein teureres Urteil mit Gerichtsko­sten gesprochen würde. Zudem könnte eine Verurteilu­ng ein noch höheres Strafmaß enthalten. Erkennbar frustriert ließ sich der 34-Jährige überzeugen und schluckte den 2700-Euro-strafbefeh­l.

 ?? Foto: Fabia Sommer (Symbolbild) ?? Auf Flohmärkte­n kann man günstige Kleidung finden. Ein 34-Jähriger wollte in Augsburg mit gefälschte­n Markenklam­otten einen Reibach machen.
Foto: Fabia Sommer (Symbolbild) Auf Flohmärkte­n kann man günstige Kleidung finden. Ein 34-Jähriger wollte in Augsburg mit gefälschte­n Markenklam­otten einen Reibach machen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany