Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mann bietet gefälschte Markenkleidung auf Flohmarkt an – und muss zahlen
Weil er finanziell in der Klemme steckte, bot ein Mann auf einem Augsburger Flohmarkt gefälschte Kleidungsstücke an. Vor Gericht versuchte er deutlich zu machen, warum er sich angeblich nichts dabei dachte.
Er wollte mengenweise gefälschte Markentextilien auf einem Augsburger Flohmarkt verkaufen und wurde dabei ertappt. Gegen den Strafbefehl in Höhe von 2700 Euro Strafe legte der 34-jährige Einspruch ein. Der Fall landete deshalb vor Gericht. Im Prozess am Amtsgericht wurde dem Angeklagten die Aussichtslosigkeit seines Unterfangens recht schnell klar.
Im Verfahren ging es um die Frage, ob der Angeklagte einen „vermeidbaren Rechtsfolgenirrtum“begangen hatte. Wusste er also von der Unrechtmäßigkeit seines Tuns – oder konnte er dem Gericht nachvollziehbar belegen, dass er nicht wusste, nicht wissen konnte, dass sein Handeln verboten war? Februar in diesem Jahr: Auf einem Flohmarkt in der Reichenberger Straße bietet der Angeklagte seine Waren an. Es sind über 180 T-shirts, Pullover, Sweatjacken, Sporthosen und dergleichen. Neue Textilien, die die Namen bekannter Marken tragen – Adidas, Puma, Nike, Calvin Klein, Tommy Hilfiger, Gucci, Armani, Boss – die aber viel billiger zu kaufen sind als die Originale. Bei einer Wohnungsdurchsuchung des Mannes finden sich weitere Fälschungen. Wie er auf den Gedanken gekommen sei, diese Falsifikate auf dem Flohmarkt zu verkaufen, will Richter Dominik Wagner von dem Mann aus Bulgarien wissen.
Er erklärt, er habe einige Wochen zuvor, damals als Abbrucharbeiter beschäftigt, einen schweren Betriebsunfall erlitten. Ihm sei zu einer Bandscheibenoperation geraten worden. Weil er daraufhin selbst seine Kündigung beim Chef eingereicht hatte, habe er drei Monate
lang kein Geld gehabt, weder von der Firma noch von der Arbeitsagentur. Geblieben seien ihm seine Kosten für Miete, Strom und private Nachzahlungen. Um finanziell über die Runden zu kommen, habe er sich von Freunden insgesamt 1200 Euro geliehen, sei nach Tschechien gefahren und habe sich dort die genannten Textilen besorgt – mit dem Ziel, diese gewinnbringend in Augsburg weiterzuverkaufen. An keiner Stelle seiner
Erläuterung machte der Mann einen Hehl daraus, im Unklaren darüber gewesen zu sein, dass sein Tun unerlaubt sei.
Ja, antwortete er auf Nachfrage des Richters, es sei wohl auch in seiner bulgarischen Heimat nicht erlaubt, Falsifikate zu verkaufen. Warum er es dennoch getan habe? Er habe trotz seines lädierten Rückens Geld verdienen wollen, um seinen Verbindlichkeiten nachzukommen, so der Angeklagte. Dass er es mit der Polizei zu tun bekommen könnte, das habe er nicht gedacht. Schließlich würden andere Händler auf diesem und auf weiteren Flohmärkten auch solche Textilien verkaufen.
Die Meinungsverschiedenheit zwischen Richter Wagner und Staatsanwalt Andreas Breitschaft einerseits sowie Verteidiger Stefan Pfalzgraf in Bezug auf Rechtsfolgeirrtum währte nicht lange. Richter Wagner stellte unmissverständlich klar, dass es am Strafbefehl der Staatsanwaltschaft für den Angeklagten nichts zu beanstanden gebe und er dringend rate, über eine Zurücknahme des Einspruchs nachzudenken.
Schon im Ermittlungsverfahren habe der Angeklagte sich schuldbewusst und geständig gezeigt, weswegen der Strafbefehl sich an der unteren Grenze bewege. Jetzt vor Gericht würden keine neuen Argumente angeführt. In einer Verhandlungspause erklärte Pfalzgraf seinem Mandanten die Bredouille und dass es sinnvoll sei, den Einspruch zurückzunehmen, bevor ein teureres Urteil mit Gerichtskosten gesprochen würde. Zudem könnte eine Verurteilung ein noch höheres Strafmaß enthalten. Erkennbar frustriert ließ sich der 34-Jährige überzeugen und schluckte den 2700-Euro-strafbefehl.