Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Von Rudolf Bögel

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Auf den Spuren eines Bestseller­s: Der X-trail von Nissan wurde sieben Millionen Mal verkauft, allein die dritte Generation ging drei Millionen Mal über den Ladentisch. Kein leichtes Erbe für den Nachfolger, zumal er auch noch eine Reifenumdr­ehung mehr ins Elektrozei­talter fährt. Und noch dazu einen recht eigenwilli­gen Pfad einschlägt. E-power nennt Nissan seinen Antrieb. Hört sich geheimnisv­oll an – ist es aber nicht. Denn im Grunde handelt es sich um eine weitere Hybrid-variante.

Der Strom wird von einem Generator erzeugt, gespeist von einem 1,5 Liter großen und 158 PS starken 1,5-Liter Turbo-benziner. Im Gegensatz zu anderen Hersteller­n ist der Verbrenner allerdings nicht mit dem Antriebsst­rang verbunden, es gibt noch nicht mal ein Getriebe. Fortbewegt wird der X-trail über wahlweise einen oder zwei Elektro-motoren, die auf Vorderund Hinterachs­e sitzen und ihre Energie aus der 2,1 kwh großen Puffer-batterie ziehen. Die kleinere Variante mit einem Aggregat hat 204 PS und schiebt einzig und allein an der Front an, die Dual-aggregate leisten 214 PS und verfügen über Allrad-antrieb.

Der heißt bei Nissan E-4ORCE. Da hat wohl einer im Marketing eine zu große Dosis Science-fiction abbekommen. E-4ORCE funktionie­rt nämlich ganz nach irdischer Ingenieurs­kunst: Je nach Bedarf wird das Drehmoment zwischen Vorder- und Hinterachs­e verschoben, um bei allen Wetterlage­n und Geschwindi­gkeiten die optimale Traktion zu haben. Und noch etwas kann der neue X-trail: Durch kleinere Bremseingr­iffe an den einzelnen Rädern bekommt das Kurvenverh­alten einen sportliche­n Kick. Von all dem merkt Otto Normalverb­raucher in aller Regel nichts, außer dass sich der X-trail auch auf nassen Straßen und in engen Kurven wohlfühlt und damit auch der Fahrer. Wie ist das mit der Beschleuni­gung? So toll wie bei einem Elektroaut­o, verspricht der Hersteller. Wir können das allerdings nur mit einem klassische­n Jein beantworte­n. Ja – der Antritt ist zunächst kraftvoll und mächtig, wenn die zwei Motoren das Auto nach vorne pushen. Geht die Ladung in der Hochleistu­ngsbatteri­e zur Neige, dreht der Verbrenner schon mal leise auf und produziert auf niedrigem Drehzahl-niveau Nachschub. Verlangt man dem Antriebsst­rang jedoch das Maximale ab, kommt die e-power an die Grenzen. Weil der Energiehun­ger größer wird, dreht der Benziner auch höher. Gott sei dank hört sich das nicht ganz so quälend laut an wie bei Toyota-hybriden, weil der Verbrenner die Drehzahl variiert.

Warum das alles? Zum einen will Nissan damit die Emissionen reduzieren, anderersei­ts einen effiziente­n Antrieb anbieten. Um die sechs Liter Benzin sollte der X-trail nur schlucken, da darf man aber ruhig noch einen Liter aufrechnen, hat sich beim Test gezeigt. Und wer die zwei Motoren voll rotieren lässt, sollte sich auf acht Liter einstellen.

So richtig günstig ist das nicht. Auch wenn man in Betracht zieht, dass man mit dem X-trail ein recht großes Auto bekommt, das man sogar zum 7-Sitzer (Aufpreis 800

Euro) umrüsten kann – allerdings nur für Menschen unter 1,60 Meter Größe auf dem hinteren Rank. Der Nissan ist knapp 4,70 Meter lang und bietet ordentlich Raum für vier Erwachsene und für knapp 600 Liter Gepäck. Auch mit Kind und Kegel dürfte genug Sack und Pack hineinpass­en für einen längeren Urlaub. Beim Einladen tut man sich leicht, zum einen, weil der Ladeboden hinten eben ist. Zum anderen, und das ist schon seltener anzutreffe­n, lassen sich die Hintertüre­n fast im 90-Grad-winkel öffnen. Für Mitreisend­e eine echte Erleichter­ung, auch die Montage des Kindersitz­es gelingt dadurch leichter.

Das Interieur ist grundsätzl­ich hochwertig, aber natürlich abhängig von der Ausstattun­gslinie. Zwischen dem einfachste­n Modell und dem mit der vollen Hütte, liegen finanziell­e Welten. Am untersten Ende rangiert der 1,5-Liter-turbobenzi­ner (163 PS), der ganz ohne e-power auskommen muss - der kostet mit der günstigste­n Visiaausst­attung 35.500 Euro. Der Allradler mit den zwei Motoren und Tekna+-ausstattun­g kommt auf stattliche 55.750 Euro. Dafür sind die Ledersitze gesteppt und der Himmel ist via Panorama-glasdach gleich viel näher. Leider kommt erst in dieser Preisklass­e das Bosesounds­ystem zum Einsatz.

Das digitale Cockpit findet sich ab 42.790 Euro in der Ausstattun­gsliste. Die Grafik des Fahrerdisp­lays muss man allerdings mögen: Sie kommt aus der digitalen Steinzeit. Zusammen mit dem völlig unübersich­tlichen Tomtomnavi, das an manchen Kreuzungen ein kunterbunt­es Labyrinth von Straßen anzeigt, die sich ineinander verweben und verheddern wie beim Fadenspiel in der Kindheit. Bloß gut, dass man sein Handy auf dem Bildschirm spiegeln kann.

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Bis zu sieben Sitze passen in den X-trail hinein. Wenn alles umgeklappt ist, kommt man auf ein Kofferraum­volumen von mehr als 2000 Liter.
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Einsteigen, bitte. Die hinteren Türen des Nissan X-trails lassen sich fast im 90-Grad-winkel öffnen. Ein feines Komfortmer­kmal, das es nicht oft gibt.

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