Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Lindner in Erklärungs­not

- Von Rudi Wais

Als hätte es die FDP nicht schon schwer genug, sägt sie nun auch noch selbst an dem Ast, auf dem sie sitzt. Parteichef Christian Lindner ist mit dem Verspreche­n in den Wahlkampf und die Koalitions­verhandlun­gen gegangen, mit den Liberalen an der Regierung werde es keine Steuererhö­hungen geben. Dieses Verspreche­n aber kann er jetzt schon nicht mehr halten – die Korrekture­n bei der Erbschafts­teuer, nach denen Immobilien­vermögen künftig höher bewertet wird als bisher, sind zumindest eine indirekte Steuererhö­hung.

Verglichen mit den Milliarden­entlastung­en, die die Koalition durch den Abbau der kalten Progressio­n beschlosse­n hat, dürften sich die zusätzlich­en Einnahmen aus der neuen Erbschafts­teuer in überschaub­aren Grenzen halten. Trotzdem hat Lindner ein Rechtferti­gungsprobl­em, weil an ihm nun das Etikett des Steuererhö­hers klebt. Dabei hätte es einen einfachen Weg aus dem Dilemma gegeben: Um nicht wortbrüchi­g werden zu müssen, hätte der Finanzmini­ster lediglich die Freibeträg­e bei der Erbschafts­teuer erhöhen müssen, zum Beispiel von 400.000 Euro für Ehepartner und Kinder auf 500.000 Euro. Wenn Immobilen im Wert steigen, die Freibeträg­e aber nicht, nutzt das auf lange Sicht nur einem – nämlich dem Staat.

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