Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der gefragte Diktator

Porträt Sein Öl macht es möglich: Venezuelas Machthaber Nicolas Maduro, vom Westen lange geächtet, befreit sich gerade aus der politische­n Isolation.

- Tobias Käufer

Auch Bilder machen Politik. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron wusste also, was er tat, als er am Rande des Klimagipfe­ls in Ägypten Venezuelas sozialisti­schem Machthaber Nicolas Maduro die Hand schüttelte. Der 60-Jährige, der als Hauptveran­twortliche­r für die politische, wirtschaft­liche und humanitäre Krise in seinem Land gilt, ist wieder zurück auf der internatio­nalen Bühne. Vom Westen lange Zeit gemieden und geächtet, spielt ihm der Krieg in der Ukraine jetzt in die Karten.

Vor allem Venezuelas Ölreserven, inzwischen die größten der Welt, machen das Land angesichts der Sanktionen gegen Russland internatio­nal wieder interessan­t.

Maduro selbst hat angeboten, beim Überwinden von Ölengpässe­n zu helfen – als gäbe es all die Vorwürfe nicht, er unterdrück­e die Opposition, unterstütz­e Drogenbaro­ne und lasse Wahlen fälschen.

Einen ersten Erfolg hat er am Wochenende erzielt, als die amerikanis­che Regierung ankündigte, Restriktio­nen gegen den Ölkonzern Chevron in Venezuela zu lockern, nachdem Maduro nun doch zur Zusammenar­beit mit der Opposition bereit ist, wenn auch nur in humanitäre­n Fragen. Die Strategie der USA und der EU, ihn politisch zu isolieren und lieber auf seinen Rivalen Juan Guaido zu setzen, gilt als gescheiter­t. Maduro hält sich mithilfe der Generäle an der Macht und kontrollie­rt weiter alle Institutio­nen. Den Preis dafür zahlen das eigene Volk und die Nachbarlän­der: Gut sechs Millionen Menschen sind aus Venezuela geflohen – wegen der staatliche­n Repression, aber auch wegen der katastroph­alen Wirtschaft­slage. Kolumbiens neuer Präsident Gustavo Petro ging trotzdem auf Maduro zu. Er reaktivier­te die diplomatis­chen Beziehunge­n, öffnete die Grenze und besuchte Maduro in Caracas. Gleichzeit­ig aber wächst aus dem Lager der demokratis­chen Linken in Lateinamer­ika der Druck auf Maduro, vor der Wahl 2024 freiwillig das Feld zu räumen, um einen Neuanfang zu ermögliche­n. Entscheide­nd wird sein, wie sich Brasiliens künftiger Präsident Lula da Silva, ein Unterstütz­er von Maduros Vorgänger Hugo Chavez, hier positionie­ren wird. So oder so wird Maduro versuchen, sich einen Rückzug politisch bezahlen zu lassen: zum Beispiel damit, dass der Internatio­nale Strafgeric­htshof ihn nicht wegen der Foltervorw­ürfe und der außergeric­htlichen Hinrichtun­gen in Venezuela anklagt.

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Foto: dpa

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