Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hochschul-kanzlerin lässt auf sich warten
Nach dem umstrittenen Abgang von Tatjana Dörfler arbeitet die Hochschule seit bald zwei Jahren an der Nachfolge. Eine wichtige Entscheidung ist bereits gefallen.
Mehr Studierende, mehr Beschäftigte, mehr Forschung. Die Hochschule Augsburg wächst. Doch ausgerechnet eine wichtige Schaltstelle in der Verwaltung – das Kanzlerbüro – wartet in Zeiten stürmischen Wachstums und nach einem lähmenden Streitfall seit bald zwei Jahren auf eine neue Chefin. Die Neubesetzung der Stelle zieht sich offenbar länger hin als gedacht.
Um die frühere Kanzlerin Tatjana Dörfler hatte es einen in der Hochschullandschaft ungewöhnlichen Konflikt gegeben. Verantwortliche der Hochschule Augsburg setzten monatelang vieles daran, dass die Bildungseinrichtung sich von ihrer höchsten Verwaltungsbeamtin trennt. Das Vertrauensverhältnis galt als unheilbar zerrüttet. Dörfler selbst hat die Vorwürfe immer zurückgewiesen und auf Spitzennoten von Vorgesetzten für ihre Arbeit verwiesen. Zuletzt war das Wissenschaftsministerium eingeschaltet worden.
Im Frühjahr vergangenen Jahres kam es zu einer Lösung im Dauerstreit. Dörfler wechselte im April in einen neuen Job. Sie übernahm die Aufgabe, den Kunst- und Kultureinrichtungen im Bereich des Wissenschaftsministeriums in Rechtsfragen beratend und koordinierend zur Seite zu stehen, und bezog dafür ein Büro im Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg. Die Hochschule leitete alles in die Wege, um die Stelle neu zu besetzen. Doch nach eindreiviertel Jahren gibt es noch keinen Termin, wann der Nachfolger oder die Nachfolgerin kommen wird. Zwar fiel im August nicht öffentlich ein Beschluss im Hochschulrat, wer den Posten bekommen soll. Ein konkreter Name wird aber auch im November nicht genannt. Wo liegt das Problem?
Hochschulsprecher Tobias Kolb sagt, die Besetzung der Kanzler- und Kanzlerinnenstelle liege noch im Plan. „Wir sind an Fristen gebunden, an die wir uns halten.“Im August habe die Hochschule die Personalie an das bayerische Wissenschaftsministerium gemeldet. Dort habe es im Oktober die Zustimmung gegeben. Anschließend habe man sich mit der neuen Kraft in Verbindung gesetzt. Diese habe – wie bei Beamten üblich – ihre Versetzung bei ihrem Dienstherrn im November beantragt und das Versetzungsgesuch gestellt. Kolb zufolge läuft aktuell läuft das Verfahren,
wie im Bayerischen Beamtengesetz festgelegt.
Damit steht immerhin fest, dass die neue Kraft von außerhalb kommen wird. Nach allem, was zu hören ist, soll es sich um eine Frau handeln. Aber selbst das wird von der Hochschule nicht bestätigt. Bis die Neue kommt, dürften noch Monate vergehen. Grundsätzlich ist es so, dass der Dienstherr dem Versetzungsgesuch zustimmen muss, dafür hat er eine gewisse Frist. Und es gibt noch eine längere Übergangsphase, vergleichbar mit einer Kündigungsfrist in der freien Wirtschaft. Kolb geht davon aus, dass die neue Kraft im ersten Quartal 2023 ihre Stelle antritt.
Wie läuft es an der Hochschule, wenn im Kanzlerbüro die Führungskraft fehlt? Aktuell gibt es besonders im Personalbereich sehr viel zu tun. Durch die „Hightech Agenda Bayern“und andere Förderprogramme kommen 95 neue Stellen hinzu. Dies entspricht einem Personalaufwuchs um 15 Prozent. Kolb sagt, es sei gemeinsam gelungen, unter den aktuellen Voraussetzungen einen der größten Zuwächse an Lehrenden und Angestellten in der Geschichte der Hochschule zu stemmen und auch große Projekte wie einen neuen Bau aus Mitteln der Hightech-agenda in die Wege zu leiten und umzusetzen. Dafür sei ein Entscheidungsnetzwerk aufgebaut worden, bestehend aus Mitgliedern des Präsidiums, Verwaltungskräften und den Stabsstellen des Präsidiums. Dennoch gibt es weiteren Handlungsbedarf. „Großprojekte, die eine moderne Hochschulverwaltung mittlerweile angehen müsste – wie beispielsweise weitere wichtige Verwaltungsprozesse zu digitalisieren – wurden in Angriff genommen, aber nicht in dem Ausmaß, wie von einer modernen Verwaltung erwartet wird“, so Kolb.