Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
200-Millionen-euro-projekt: Im „neuen“Josefinum kehrt Leben ein
In der Modernisierung der Klinik in Oberhausen ist ein weiterer Meilenstein erreicht. Der Zulauf in den neuen Räumen ist bereits groß.
Eine Frau mit Kinderwagen steht in der länglichen Halle, der Nachwuchs spielt fröhlich japsend mit der Luft. Wo die beiden gerade auf eine Behandlung warten, soll einmal der Eingangsbereich von Schwabens größter Geburtsklinik entstehen. Voll funktionsfähig ist er noch nicht, vor den künftigen Eingangstüren – nur ein paar Meter von St. Peter und Paul in Oberhausen entfernt – stehen ein Kran, Paletten und Container, Bauarbeiter schwärmen umher. Innen aber ist Leben eingekehrt. In den neuen Räumlichkeiten werden bereits junge Menschen behandelt, Kinder auf die Welt geholt. Seit wenigen Wochen ist der dritte von vier Bautakten am „neuen“Josefinum abgeschlossen. Das Mammutprojekt hat einen weiteren Meilenstein erreicht.
Dass die Komplett-modernisierung überfällig ist, daran gibt es bei keinem der Beteiligten Zweifel. Vor Sanierungsbeginn stammte der Großteil der Bausubstanz aus den 1960er-jahren. Die Bauweise war verschachtelt, Personen aus dem Umfeld berichten zudem von heruntergekommenen Einrichtungsgegenständen und dunklen Räumlichkeiten mit wenig Tageslicht – einem Umfeld also, das gerade bei psychischen Krankheiten kaum förderlich ist. Doch die Verantwortlichen haben ihre Lehren daraus gezogen, wie der nun fertige, 71 Millionen Euro teure und am Montag eingeweihte Bautakt zeigt. Er umfasst neue Räumlichkeiten der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie Psychosomatik, eine Familienstation, ein ambulantes Behandlungsund Op-zentrum sowie ein Ärztehaus. Zudem wurde damit begonnen, den Haupteingang von der Kapellen- in die Joseph-mayerstraße zu verlegen.
Tür auf zur neuen Station C5 der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Hier bekommen seit wenigen Wochen Jugendliche mit Essstörungen Hilfe, die entsprechende Behandlung dauert meist drei bis sechs Monate. Umso wichtiger, betont Chefarzt Tomasz Antoni Jarczok, ist ein Umfeld, in dem sich die Betroffenen auch über längere Phasen wohlfühlen können. In der Station öffnet sich ein langer, freundlicher Gang. Durch breite
Fensterfronten drängt viel Tageslicht in die großzügigen Räume; die Einrichtung ist modern, aber nicht steril. Neben voll ausgestatteten Patientenzimmern gibt es im gesamten Neubau-bereich helle Gemeinschafts- und Aufenthaltsräume.
Eine weitere Neuerung: Die Therapieräume liegen direkt neben den Patientenstationen, um so die Verzahnung der Fachbereiche zu erleichtern.
Die Wartelisten sind lang. Eigentlich ist die Station C5 für 14
Personen ausgelegt, momentan sind es 16. Gerade infolge der Pandemie sei ein deutlicher Zuwachs an Patientinnen und Patienten zu beobachten gewesen, betont leitender Psychologe Rupert Müller. Der Neubau ermögliche aber, auch mit Überbelegungen flexibler umzugehen. Sebastian Stief, Geschäftsführer der Kjf-klinik Josefinum, ergänzt, durch neue Räumlichkeiten könne man insgesamt mehr Patientinnen und Patienten aufnehmen. Angesichts des steigenden Bedarfs sei dies „enorm wichtig“.
Das Josefinum ist eine der größten Geburtskliniken in Deutschland, pro Jahr kommen dort mehr als 3500 Babys zur Welt – einige von ihnen künftig in der neuen Familienstation. Die zwölf Zimmer, die dort Mitte September in Betrieb gegangen sind, sind fast durchgehend ausgebucht. Das Prinzip: Neben Mutter und Kind anderem neue Stationen und Ambulanzen für die Klinik für Kinderund Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, eine neonatologische und pädiatrische Intensivstation sowie eine zentrale Notaufnahme. Auch der Haupteingang wird dann endgültig in die Josephmayer-straße verlagert.
Insgesamt fließen rund 200 Millionen Euro in die Modernisierung. Knapp die Hälfte trägt der Freistaat, den Rest finanziert die Trägerin des Krankenhauses aus eigenen Mitteln, die Katholische Jugendfürsorge KJF. Zur offiziellen Einweihung des neuen Bauabschnitts sprach Kjf-vorstandsvorsitzender Markus Mayer am Montag von einem „weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einer der modernsten Spezialkliniken in Bayern“. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, der auch Förderbescheide in Höhe von knapp einer Million Euro für den Ausbau der Digitalisierung im Gepäck hatte, hob hervor, der dritte Bauabschnitt sei „ein weiterer Baustein zur Sicherung eines umfassenden wohnortnahen Therapieangebots für psychische kranke Kinder und Jugendliche in Schwaben“.
Und Bischof Bertram Meier wurde persönlich. Als Baby sei er wegen eines doppelten Leistenbruchs im Josefinum behandelt worden, es sei „Spitz auf Knopf“gestanden. Besonders die liebevolle Pflege einer Schwester habe ihm wohl das Leben gerettet. Dafür sei er ihr, aber auch dem Haus „immer verbunden“.
Der Haupteingang wird in die Joseph-mayer-straße verlagert