Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Speicher voller als erwartet: Reicht das Gas?

Warum die Bundesnetz­agentur und Fachleute trotzdem weiter zum Sparen aufrufen.

- Von Jakob Stadler

Augsburg „Eine Gasmangell­age in diesem Winter wird zunehmend unwahrsche­inlich.“Dieser Satz stammt aus dem Lageberich­t Gasversorg­ung der Bundesnetz­agentur, die generell um vorsichtig­e Kommunikat­ion bemüht ist. Tatsächlic­h müsste wohl extrem viel zusammenko­mmen, damit es in diesem Winter noch einmal eng wird mit dem Gas. Zum Sparen rufen die Behörde und auch Fachleute aber weiterhin auf. Allerdings inzwischen eher mit Blick auf den Winter in einem Jahr.

Symbol dafür, dass Deutschlan­d gut durch den Winter 2022/23 kommt, sind die Gasspeiche­r. Diese bieten einen Puffer für die kalte Zeit, in der mehr Gas verbraucht wird. Und sie sind weiterhin gut gefüllt, deutlich besser als erwartet. Die Bundesnetz­agentur hatte vor einigen Monaten definiert, dass die Speicherst­ände im angespannt­en Bereich sind, wenn sie auf einen Wert von unter 55 Prozent zum 1. Februar zusteuern – kritisch wäre es unter 40 Prozent. Die Realität: Die Speicher sind noch zu fast 80 Prozent gefüllt.

Woran das liegt? Das Wetter hatte einen positiven Einfluss, denn in Haushalten wird Gas vor allem zum Heizen verwendet. Zwar gab es im Dezember eine Phase mit extrem niedrigen Temperatur­en, aber insgesamt ist der Winter mild.

„Das ist ein ganz entscheide­nder Grund“, sagt auch Klaus Müller, Präsident der Bundesnetz­agentur. Aber nicht der einzige. „Ein zweiter Grund ist, dass wir über den ganzen Winter einen signifikan­ten Sparbeitra­g gesehen haben.“Die Industrie habe nahezu durchgehen­d 20 bis 25 Prozent des sonst verwendete­n Gases eingespart und auch die Haushalte hätten deutlich weniger Gas genutzt als sonst. Die temperatur­bereinigte Analyse der Bundesnetz­agentur zeigt, dass weniger verbraucht wurde als bei vergleichb­arer Witterung.

Trotzdem geben weder die Behörde noch das Wirtschaft­sministeri­um Entwarnung. „Wir sehen, dass der Speicherfü­llstand im Moment herunterge­ht – in den letzten Wochen war es ja noch mal kühler“, sagt Müller. Nach zwei kalten Wochen liegt der Speicherst­and rund zehn Prozentpun­kte niedriger. „Wir wollen mit einem guten Speicherst­and aus dem Winter kommen. Weil wir dann die Aufgabe haben, die Speicher für den nächsten Winter wieder zu befüllen.“Müller mahnt: „Es kommt auch weiter darauf an, dass wir Gas sparsam verbrauche­n.“

2022 konnte Deutschlan­d noch auf russisches Gas zurückgrei­fen, Deutschlan­d ist jetzt vom weltweiten Flüssiggas-markt abhängig. Aktuell aber sieht es gut aus, auch die Großhandel­spreise für Gas sind wieder deutlich gesunken.

Gerade dass sich die Lage am Gasmarkt entspannt, könnte jedoch für einen Anstieg beim Verbrauch sorgen, befürchtet die Wirtschaft­sweise Veronika Grimm. Sie warnte, es sei „gut vorstellba­r“, dass die Industrie in diesem Jahr wieder mehr Gas verbrauche. Auch von der Bundesnetz­agentur heißt es, dass die Einsparung­en der Industrie sicherlich stark mit den hohen Gaspreisen zu tun hätten. „Trotz des rückläufig­en Preisnivea­us brauchen wir den Sparbeitra­g auch in den kommenden Monaten“, sagt Müller. Grimm warnte, der nächste Winter werde „auf jeden Fall herausford­ernd“– die Bundesregi­erung müsse unter Umständen Anreize setzen, damit weiterhin Gas gespart wird. Zwar sind rund um den Jahreswech­sel die ersten beiden Flüssiggas-terminals in Deutschlan­d in Betrieb gegangen. Doch Grimm rechnet damit, dass sich die Lage erst 2024 nachhaltig entspannen dürfte, wenn weitere Terminals eröffnet werden.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Die Gasspeiche­r sind gut gefüllt. Der Blick richtet sich bereits auf den nächsten Winter.

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