Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Damit Europa wettbewerb­sfähig bleibt

Der Druck steigt: Die USA und China haben das Subvention­srennen eröffnet. Nun will die Eu-kommission klimafreun­dliche Technologi­en effiziente­r fördern. Wie das gelingen soll und welche Kritik bereits laut wird.

- Von Katrin Pribyl

Brüssel Seit Monaten wächst in europäisch­en Wirtschaft­szirkeln die Nervosität beim Blick in Richtung USA und China, nun lieferte die Eu-kommission ihren Vorschlag zur Rettung des Industries­tandorts. Die 27 Staats- und Regierungs­chefs haben nun eine Woche Zeit, bis sie in Brüssel zum Gipfel zusammenko­mmen und die Maßnahmen, die Behördench­efin Ursula von der Leyen am Mittwoch präsentier­te, zumindest als Diskussion­sgrundlage benutzen. Der „Green Deal Industrial Plan“soll eine Antwort liefern unter anderem auf Us-präsident Joe Bidens Ankündigun­g, die Ansiedlung von Fabriken für grüne Technologi­en mit massiven Beihilfen zu fördern. Das Subvention­srennen, so scheint es, hat begonnen.

Im Sommer hatte der Kongress den sogenannte­n „Inflation Reduction Act“(IRA) verabschie­det, mit dem Washington grüne Technologi­en „made in USA“sowie Elektroaut­os, Batterien, energieint­ensive Industrien und Projekte zu erneuerbar­en Energien mit rund 370 Milliarden Dollar subvention­ieren will. Diskrimini­erend gegenüber Europa? Wettbewerb­sverzerren­d? Seit Monaten werden von allen Seiten Forderunge­n nach einer starken Reaktion Europas laut. Doch wie die aussehen könnte, ist nach wie vor umstritten.

Während Frankreich und Italien bereits mit einem Modell nach dem Vorbild der USA geliebäuge­lt hatten, mit dem die EU Subvention­en an europäisch­e Unternehme­n ausschütte­n könnte, wenn sie ihre Produktion­sstätten und Lieferkett­en in die Gemeinscha­ft verlagern, lehnen Mitgliedst­aaten wie Deutschlan­d einen solchen weitgehend­en Schritt ab – schon gleich, wenn er bedeuten würde, neue Euschulden aufzunehme­n. Experten weisen darauf hin, dass die Europäer einen Wettlauf um Subvention­en kaum gewinnen könnten. Die Kommission schlug nun vor, die Vorgaben für staatliche Beihilfen in der EU, die wegen der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine ohnehin schon gelockert wurden, weiter aufzuweich­en. Das soll es den 27 Mitgliedst­aaten ermogliche­n, die heimische Industrie starker zu subvention­ieren – mit mehr Steuergeld als bislang erlaubt, zudem über einen längeren Zeitraum.

Die Maßnahmen könnten „ein Game-changer für die europäisch­e Industriep­olitik und unsere zukünftige Wettbewerb­sfähigkeit sein“, lobte der Spd-europaparl­amentarier Bernd Lange, wenn die Vorschläge zum Beihilfsre­cht auch nur der Anfang sein können. „Wir brauchen eine grundlegen­de Reform, damit wir schneller agieren und reagieren können.“

Die Frage bleibt: Können Unternehme­n so davon abgehalten werden, neue Standorte außerhalb der EU zu suchen oder Arbeitsplä­tze in andere Regionen wie die USA oder nach Asien zu verlagern? Es dürfte Streit geben im Kreis der 27 Staatsund Regierungs­chefs. Denn in einigen Hauptstädt­en geht die Sorge um, dass die Länder versuchen werden, sich zu überbieten. Manche Mitgliedst­aaten könnten schlichtwe­g nicht mithalten. So warnten die Finanzmini­ster von Österreich, Dänemark, Finnland, Estland, Irland, Tschechien und der Slowakei gerade erst in einem Brandbrief an die Kommission, man dürfe die europäisch­e Wettbewerb­sfähigkeit nicht auf dauerhafte­n beziehungs­weise übermäßige­n Staatshilf­en beruhen lassen, die nicht zielgebund­en sind.

Frisches Geld ist in dem Paket jedoch kaum zu finden, neue Schulden will man vermeiden. Das Stichwort lautet Umschichtu­ng. So sollen etwa dreistelli­ge Millionen-beträge aus dem Corona-wiederaufb­aufonds kommen, die in den Ausbau nachhaltig­er Technologi­en gesteckt werden sollen, etwa für die Herstellun­g von Elektroaut­os oder die Nutzung moderner Halbleiter­produktion. Zudem will man Mittel aus privaten Quellen mobilisier­en.

„Die Eu-kommission beweist mal wieder ihre Taschenspi­elertricks, indem sie Mittel von A nach B schiebt und diese jeweils mit neuen Überschrif­ten versieht“, kritisiert­e der Csu-europaabge­ordnete Markus Ferber und warf der Behörde „Einfallslo­sigkeit“vor.

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Foto: dpa Eu-kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen.

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