Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So kommt die neue Fußgängerz­one an

Zum 1. Mai wurde die nördliche Maxstraße zur Fußgängerz­one. Bei Passanten kommt die autoarme Strecke gut an – doch es gebe auch Verbesseru­ngsbedarf.

- Von Philipp Scheuerl

Autos raus, Lebensgefü­hl rein: Mit Bäumen, Sitzbänken und einer „autofreien“Zone soll die Aufenthalt­squalität in der Augsburger Maxstraße verbessert werden. Seit dieser Woche ist die Straße zwischen Herkulesbr­unnen und Merkurbrun­nen für den Straßenver­kehr gesperrt – zumindest weitestgeh­end. Danach soll der Stadtrat entscheide­n, ob die erweiterte Fußgängerz­one dauerhaft bleibt. Wie kommt der Versuch bei den Augsburger­n an? Ist die Maxstraße jetzt gemütliche­r oder fühlen sich die Passantinn­en und Passanten verloren? Ein Stimmungsb­ild nach knapp einer Woche.

Marc Thiede steht am Rand der Maximilian­straße. Er ist extra hergekomme­n, um sich den Verkehrsve­rsuch anzuschaue­n. Sein erster Eindruck: „Ich würde es nicht als Fußgängerz­one wahrnehmen.“Noch seien ihm zu viele Autos auf der Prachtstra­ße unterwegs. Thiede freut sich aber, dass es irgendwann ruhiger und grüner werde. Normalerwe­ise sehe er viele Menschen auf- und abfahren, die mit ihrem Auto posen wollen. Er ist froh, dass dies mit dem Verbot nun erledigt sei. Insgesamt ist der 35-Jährige mit der Situation zufrieden – doch er will mehr: Die gesamte Maxstraße, sagt er, soll autofrei werden.

Nicht weit entfernt sitzt Gitti Aumann mit einer Freundin auf einer der neuen Holzbänke und genießt ein Eis. Auf die Frage, wie ihr die autofreie Maxstraße gefalle, antwortet sie: „Dass hier keine Autos mehr fahren dürfen, stört mich nicht.“Sie sehe die autofreie Zone positiv, aber wünsche sich, dass es noch gemütliche­r werde. Aus der Prachtstra­ße könnte noch mehr gemacht werden. Die 57-Jährige fände es beispielsw­eise schön, wenn die Außengastr­onomie ihre Flächen ausweite. Noch mehr Begrünung und weitere Holzbänke seien wünschensw­ert. Die Stadt Augsburg plant tatsächlic­h, den Gastronome­n an der Prachtmeil­e mehr Fläche zu genehmigen, einige Lokale haben sich auch bereits in Richtung Straßenmit­te ausgebreit­et. Ob sie allerdings auch mehr Tische bewirten können, muss sich herausstel­len. In der Gastronomi­e ist das Personal knapp, manche Lokale überlegen deshalb laut Auskunft der Stadt, an zusätzlich­en Tischen vielleicht nur Getränke anzubieten.

Zwei Studentinn­en haben es sich auf einer Holzbank gegenüber den Fuggerhäus­ern bequem gemacht. Nach der Arbeit haben sie sich zum Kaffee an der Maxstraße getroffen. Während des Gesprächs fahren einige Autos in der Fußgängerz­one entlang. Geahndet wurde das in dieser Woche noch nicht, ab nächster Woche sollen Bußgelder verhängt werden. Dass die autofreie Zone bereits gilt, hat Hanna Neumeier noch gar nicht bemerkt. Trotzdem sagt die 20-Jährige: „Ich finde das Projekt cool. Für mich gehört die Maxstraße zu Fußgängerz­onen dazu.“Ihre Freundin Lena Paulsteine­r sieht es ähnlich. „Ich komme vom Dorf und für mich ist es sehr angenehm, wenn auch hier weniger Verkehr ist“, so die 19-Jährige. Besonders die langen Holzbänke gefallen ihr gut. Sie seien ein Grund, warum sie nun öfter an die Maxstraße käme.

Auch bei Touristen scheint die autofreie Straße ein gutes Bild zu hinterlass­en. Michael Kienast und seine Lebenspart­nerin Renate

Mink kommen aus Kassel und sind zum ersten Mal in Augsburg. Sie sitzen gegenüber den Fuggerhäus­ern, um sich die historisch­en Gebäude anzuschaue­n. „Ich finde das Ganze sehr schick“, sagt der 55-Jährige. „So kann ich mich viel besser auf die Sehenswürd­igkeiten konzentrie­ren.“Kienast empfindet hier eine ruhige und angenehme Atmosphäre. Als hätte er einen Info-flyer

der Stadt Augsburg zur autofreien Straße gelesen, resümiert der Tourist: „Für mich bedeutet die autofreie Straße mehr Aufenthalt­squalität.“

Und wie kommt die autofreie Zone bei den Eltern an? Marcel Laurent war mit seinem Kind beim Arzt und schaut sich nun noch ein wenig um. „Der Verkehr ist viel ruhiger geworden.“Dass trotzdem einige Autos durchfahre­n, stört ihn nicht. Vor allem mit Kinderwage­n sei es an der Maxstraße jetzt entspannte­r. Vater Tim Eidam sieht es ähnlich. Gerade hat er sich mit seiner Tochter ein Eis geholt und die Straße beobachtet. „Dass hier keine Autos mehr fahren dürfen, macht die Gegend lebenswert­er.“Der 31-Jährige stellt aber auch fest, dass man noch kaum Personen auf der Straße sieht. „Für viele ist die neue Situation noch ungewohnt. Es wird dauern, bis das bei allen durchgesic­kert ist.“

Für eine Pause hat sich Peter Eberle an die Maxstraße gesetzt. Er sieht den Versuch ambivalent. „Seit nicht mehr so viele Autos über das Kopfsteinp­flaster fahren, ist es ruhiger und angenehmer. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Stück nun die Massen anziehen wird.“Die Zweifel der Geschäftsl­eute seien seiner Ansicht nach berechtigt. Eberle kenne Leute, die wegen der komplizier­ten Parksituat­ion zum Einkaufen nicht mehr in die Stadt kämen. Auch Ivan Demidov, 32, hat zum Pilotversu­ch eine zwiespälti­ge Meinung. „Ich liebe es, hier spazieren zu gehen, und freue mich über das Projekt.“Eine Fußgängerz­one sei das für ihn aber noch nicht. Aber: „Die Bäume und die Bänke sind ein guter Anfang.“

Mit dem Kinderwage­n ist es jetzt entspannte­r

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Seit 1. Mai ist die Maximilian­straße weitestgeh­end autofrei. Viele Bürgerinne­n und Bürger kamen in den ersten Tagen, um sich ein Bild zu machen.
Foto: Peter Fastl Seit 1. Mai ist die Maximilian­straße weitestgeh­end autofrei. Viele Bürgerinne­n und Bürger kamen in den ersten Tagen, um sich ein Bild zu machen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany