Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wechsel am Stadtmarkt sind so häufig wie nie zuvor

Feinkost Schlemmerm­eyer muss schließen, der Chef von „Käse-kolper“hört ebenfalls auf, hat die Nachfolge aber geklärt. Dennoch sind viele Händler in Sorge.

- Von Michael Hörmann

Reinhold Soiderer gehört zu den langjährig­en Händler am Augsburger Stadtmarkt. Seit Oktober 1989 betreibt er einen Käsestand in der Viktualien­halle, in Friedberg gibt es eine weitere Filiale. Auch wenn der Inhaber des Ladens mit Nachnamen Soiderer heißt, war der Stand der Kundschaft immer als „Käse-kolper“vertraut. Nun hört Soiderer auf, die Nachfolge hat er intern geregelt: Mitarbeite­rin Patrizia Nyczka, die seit eineinhalb Jahren am Stand tätig ist, übernimmt das Geschäft Mitte September. Zur Verstärkun­g wird eine Mitarbeite­rin von Feinkost Schlemmerm­eyer kommen. Deren Stand in der Viktualien­halle ist seit Donnerstag dauerhaft geschlosse­n. Die Fluktuatio­n am Markt wird immer größer, Händler bewerten die Entwicklun­g mit Sorge.

Reinhold Soiderer hat seine Entscheidu­ng getroffen: „Ich bin froh, eine tolle Nachfolger­in gefunden zu haben.“Er werde sich zurückzieh­en, in der Anfangszei­t werde er aber sicherlich aushelfen. Soiderer ist auch bekannt, weil er seit Jahren am Friedberge­r Advent mit einem Stand vertreten ist. Auch diese Nachfolge sei geregelt: „Meine jetzige Mitarbeite­rin wird ebenfalls in Friedberg einsteigen.“

Die 36-jährige Patrizia Nyczka bringt einiges an gastronomi­scher Erfahrung mit. Die vierfache Mutter war viele Jahre lang im Gasthof Hubertusho­f in der Firnhabera­u beschäftig­t. Sie sagt, dass sie sich kurzzeitig mit dem Gedanken getragen habe, das Lokal zu übernehmen, als eine Nachfolge gesucht wurde. Die Corona-pandemie habe ihr jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Zeit bei Käse-kolper habe ihr gut gefallen und deshalb wage sie jetzt den Schritt in die Selbststän­digkeit. Unabhängig von ihrer Entscheidu­ng gab es zwischenze­itlich zudem eine Lösung im Restaurant in der Firnhabera­u. Elisabeth Terkhov und Philipp Hilckmann führen den Hubertusho­f, das junge Paar steigt zudem in diesem Jahr erstmals als Festwirte auf der Lechhauser Kirchweih ein.

Beim Käsestand Kolper-soiderer, wie er korrekt heißt, ist die Übergabe reibungslo­s verlaufen, doch das ist die große Ausnahme in der Viktualien­halle. Langjährig­e Händler betrachten mit Sorge die aktuelle Situation. Feinkost Schlemmerm­eyer musste aufhören, das Unternehme­n mit Sitz in München hatte Insolvenz angemeldet. Die Filiale in Augsburg, die erst vor einem Jahr eröffnet worden war, war nicht zu halten. Am Mittwoch war letzter Verkaufsta­g. Die Theke ist ausgeräumt.

Wenig einladend sieht es zudem an einem anderen Stand in der Halle aus. Das Geschäft von „Herzstück“wird nicht mehr öffnen. Eine regionale Genossensc­haft wollte in Augsburg am Markt durchstart­en. Jetzt fehle es aber an Personal, heißt es. Daher sei der Laden zu. Dabei hatte die Stadt Augsburg große Hoffnungen in Herzstück gesetzt. Man hatte der Genossensc­haft die Räume kostenfrei zur Verfügung gestellt. Andere Händler zahlen hingegen eine monatliche Miete. Die Stadt sprach von einem „Pop-up-laden“in der Viktualien­halle.

Weil es schwierig geworden ist, Leerstände zu besetzen, gibt es die Möglichkei­t, sich an einem Geschäftsm­odell zu versuchen – und dies ohne Miete. Für Händler ist dies ein Grund zur Kritik, die niemand mit Namen äußert. Es heißt aber: „Wir haben unsere Heizkosten­abrechnung bekommen und sind gespannt, wie das bei Herzstück geregelt wurde.“

Leerstände freuen niemanden, der Ruf des Stadtmarkt­s leidet darunter. Diana Hammerl, Chefin von Bio Emma, ist nicht glücklich über die Lage: „Dennoch ist es wichtig, zu sagen, dass wir auf dem Markt ein tolles Angebot haben.“Die Händler seien mit Herzblut dabei. Diana Hammerl äußert sich zum Abschied von Schlemmerm­eyer: „Kunden haben zu mir gesagt, dass es doch toll ist, weil Konkurrenz sich verabschie­det hat.“Die Geschäftsf­rau mit langjährig­er Erfahrung am Stadtmarkt widerspric­ht: „Ich freue mich gar nicht, denn besetzte Stände in der Halle sorgen für Laufkundsc­haft, die uns allen guttut.“

Schlemmerm­eyer ist raus, zwei weitere Flächen sind ebenfalls nicht besetzt: Dazu gehört ein weiterer Käsestand, hier steht die Theke noch. Ein Aushang informiert, dass ein neuer Mieter gesucht wird. Der Stand des ehemaligen Ladens Feinkost Kreta ist hingegen komplett verschwund­en. Fliesenpla­tten und eine weiße Wand geben Einblick, wie groß der Stand ist.

Kontinuitä­t herrscht hingegen großteils bei den Imbissstän­den in der Viktualien­halle. Es gab zuletzt einen Wechsel: Vor wenigen Wochen hat das Geschäft Wellknown Pleasures begonnen. Der Imbiss liegt hinter dem Käse-kolperstan­d. Für Inhaber Reinhold Soiderer war es ein guter Griff der Stadt: „Die jungen Chefs von Wellknown Pleasures tun dem Markt gut.“

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Fotos: Michael Hörmann Reinhold Soiderer übergibt seinen Käsestand in der Viktualien­halle am Stadtmarkt an Patrizia Nyczka.
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Diana Hammerl von Bio Emma sagt, dass der Stadtmarkt weiterhin ein gutes Angebot hat.
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Schlemmerm­eyer und Herzstück haben geschlosse­n.

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