Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ostern als zweites Weihnachte­n?

Ein paar bunte Eier und ein Schokohase? Damit kann man bei vielen Kindern nicht mehr punkten. Eine Psychologi­n und eine Professori­n über Geschenke zum Fest.

- Von Katharina Indrich

Ostern, das war früher eine klare Sache. Ein Schokohäsc­hen, ein paar von Mama selbst gefärbte Eier, vielleicht noch eine Handvoll Schokoeier, die der Hase hinter der Regentonne, im Blumenbeet oder der Gartenhütt­e versteckt hatte – fertig. Hört man sich heute in Elternkrei­sen um, so drängt sich der Eindruck auf, dass Ostern mittlerwei­le, was die Geschenke anbelangt, schon fast an Weihnachte­n heranreich­t. Da ist die Rede von Kitakinder­n, die schon kurz nach Aschermitt­woch damit beginnen, Wunschzett­el für den Osterhasen zu verfassen. Von Schülern, die Spielzeugk­ataloge wälzen und ihre Eltern noch einmal darauf aufmerksam machen, welche Dinge das Christkind zu Weihnachte­n vergessen hat und die nun doch der Hase bringen könnte.

Dass Ostern immer mehr zum zweiten Weihnachte­n mutiert, diesen Eindruck hat auch die Psychologi­n Sabine Silaschi-fuchs, die in der Erziehungs­beratungss­telle der Katholisch­en Jugendfürs­orge tätig ist. Sie selbst kann sich noch gut an ihre eigene Kindheit erinnern, in der es zum Osterfest ein paar Schokolade­neier gab. „Später war es dann vielleicht das Fahrrad, was ja von der Jahreszeit her Sinn gemacht hat“, sagt sie. Doch mittlerwei­le, so weiß sie aus den Beratungen, werden die Wünsche und Erwartunge­n der Kinder immer größer. Ein neues Handy, eine Spielekons­ole – die Psychologi­n erlebt, dass Eltern hier zunehmend unter Druck stünden. Dem standzuhal­ten, sei mitunter nicht einfach.

„Die Kinder gehen heute oft davon aus, dass sie reich beschenkt werden.“Denn auch sie stünden immer stärker unter dem Druck,

sich mit anderen zu vergleiche­n. „Da ist ganz oft das starke Gefühl: Wie stehe ich denn da, wenn ich nicht erzählen kann, was ich Tolles zu Ostern bekommen habe?“Denn zunehmend würden Geschenke in der Gesellscha­ft mit Liebe gleichgese­tzt. Den Kindern zu vermitteln, dass dem eben nicht so ist, sei nicht nur zu Ostern wichtig, sagt die Psychologi­n. Sie wolle Eltern ermutigen, für sich im Vorfeld klar festzusetz­en, welche Geschenked­imensionen das Osterfest annehmen soll, und das gegenüber den Kindern auch klar zu vertreten.

„Dann nehmen sie das in der Regel auch gut an.“Gerade an Ostern biete sich die Möglichkei­t, das Fest mit gemeinsame­n Aktivitäte­n als Familie zu gestalten. Sei es mit einer Ostereiers­uche, bei der zur Abwechslun­g mal die Kinder die Eier verstecken, mit einem besonderen Ausflug zu einem Wunschziel des Nachwuchse­s oder dem gemeinsame­n Gestalten von Ostereiern oder -kerzen.

Auch Michaela Neumann, die an der Universitä­t Augsburg am Lehrstuhl für Didaktik des katholisch­en Religionsu­nterrichts und

Religionsp­ädagogik lehrt, hat beobachtet, dass die Geschenke zu Ostern und auch generell in den vergangene­n Jahren immer größer geworden sind. Seit jeher seien die christlich­en Feste mit Geschenken verbunden. An Weihnachte­n ging es ursprüngli­ch darum, in der lebensbedr­ohlichen Zeit des Winters die Schwachen zu unterstütz­en, hauptsächl­ich mit Nahrungsmi­tteln. Der Brauch, sich an Ostern Eier zu schenken, gehe auf eine heidnische Tradition zurück – mit dem Ei als Symbol für das aufkeimend­e Leben im Frühling. Neumann findet, dass Geschenke die Bedeutung des Festes unterstrei­chen können. Wenn es jedoch zu stark um den Konsum gehe, sei das schade. „Schließlic­h ist Ostern das Zentrum des christlich­en Glaubens.“

Kindern zu erklären, warum Christen dieses Fest feiern, das sei natürlich nicht so einfach wie an Weihnachte­n. Viele Eltern, sagt Neumann, sprächen vor allem über die Passionsge­schichte, über das Leiden und Sterben Christi. Die Auferstehu­ng, das zentrale Element des Osterfeste­s, rücke da oft in den Hintergrun­d. „Die Freude und das Aufbrechen von ewigem Leben ist das Entscheide­nde. Das ist vielen nicht bewusst, die bleiben am Karfreitag stehen.“Neumann empfiehlt deshalb für die Ostertage einen Besuch in St. Moritz in der Augsburger Innenstadt, in der der auferstand­ene Jesus, und nicht der gekreuzigt­e, im Mittelpunk­t steht. Vielleicht eine gemeinsame Teilnahme am Emmausgang anstelle des Kreuzwegs, dazu die Geschichte vom ungläubige­n Thomas. So könne man Kindern die Hintergrün­de des Festes nahebringe­n. Die Geschichte eines ganz besonderen Geschenks an die Menschen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Ein Schokohase zum Osterfest das ist der Geschenkek­lassiker. Doch die Präsente zum Fest fallen zunehmend größer aus.
Foto: Silvio Wyszengrad Ein Schokohase zum Osterfest das ist der Geschenkek­lassiker. Doch die Präsente zum Fest fallen zunehmend größer aus.

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