Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Generationenwechsel im Schallerzelt
Dieter Held und Tochter Tina sind ein Team. Der 72-Jährige tritt nun in die zweite Reihe zurück. Auf seine Unterstützung kann sie dennoch bauen.
Am Ostersonntag beginnt der Frühjahrsplärrer. Dieter Held, der das Schallerzelt 2005 übernommen hat, wird vor Ort sein. So wie immer, sagt er und betont: „Ich werde jeden Tag da sein.“Dennoch ändert sich etwas im bekannten Festzelt mit diesem Plärrer: Tochter Tina Held wird das Gesicht des Festzeltbetriebs, Vater Dieter Held tritt in die zweite Reihe zurück und wird aber weiter mitarbeiten. Die Übergabe ist seit Jahren geplant – für Tina Held macht sich der Wechsel heute schon bemerkbar.
Dieter Held ist Gastgeber durch und durch – ob der Plärrer schon läuft oder noch nicht. Der 72-Jährige steht am Eingang des Zelts und heißt einen willkommen. „Passen Sie auf, wenn Sie hereingehen. Es ist im ersten Moment etwas dunkel, so wie wenn man von der Terrasse in die Wohnung geht. Die Augen gewöhnen sich aber schnell daran“, sagt er umsichtig und beginnt mit einer kleinen Führung durch das neue Zelt in Stadl-optik. 2005 wurde er eigentlich Festwirt wider Willen, berichtet er und lacht. Wie viel Arbeit dahintersteckt, habe er bei seinem Vater gesehen und sich lange geweigert, in dessen Fußstapfen zu treten, und arbeitete 30 Jahre als Caterer bei der Messe Augsburg. Als ein Nachfolger für das Schallerzelt gesucht wurde, das Erika Bartmann-oelze und Louis Bartmann jahrzehntelang betrieben hatten, warf er doch seinen Hut in den Ring und erhielt die Zusage. Zuvor waren seine Frau Petra und er mit einem Imbissangebot mit Pizza und Bratwürsten auf dem Plärrer vertreten. Tina Held erinnert sich, wie sie als kleines Kind dort schon mit von der Partie war. „Es wurde mir in die Wiege gelegt.“
Held übernahm das Zelt und krempelte in den darauffolgenden Jahren den Betrieb um. Nur ein Jahr später startete Szene-gastronom Harry Winderl den Betrieb der Schaller-alm – für den Festwirt ein wichtiges „Zugpferd“in seinem Zelt. „So etwas gibt es sonst nirgends.“Mit den Jahren fand Dieter Held Gefallen am Festwirt-dasein. „Zuerst wollte ich es nicht haben und dann wollte ich es nie mehr hergeben.“Frühzeitig machte er sich über seine Nachfolge Gedanken, seinen Kindern wollte er den Betrieb nicht aufzwingen. „Sie hätten alles andere machen können“, betont er. Doch das wollte keiner. Tina Held meldete früh ihren Wunsch an, einmal Festwirtin zu werden. Deshalb wählte sie einen
besonderen Studiengang aus: „Nach meinem Abitur habe ich in München BWL mit Schwerpunkt Gastronomie-management studiert.“Die Brüder Dirk und Maximilian sind ebenfalls auf dem Plärrer vertreten: Sie sind für den Aufbau des Schallerzelts verantwortlich stehen mit ihrem Fischstand am Eingang des Zelts. Die Familienmitglieder sind außerdem auf dem Christkindlesmarkt aktiv.
Tina Held hat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit ihrem Vater den Festzeltbetrieb geführt. Nun werden die Aufgaben neu verteilt. „Sie kann jetzt die unangenehmen Sachen machen, ich kümmere mich um die angenehmen“, sagt er mit einem Lächeln. Schon lange kümmert er sich besonders gerne
um die Bands. Alle paar Minuten klingelt das Handy von Tina Held. Am Tag sind es 40- bis 50-mal, dass jemand etwas von der 33-Jährigen wissen will. Und auch im Zelt kommt immer wieder jemand vorbei, der eine Frage hat. „Am Wochenende arbeiten hier 100 Leute. Manche gehören zu unserem Stammpersonal, andere sind neu dabei und trotzdem muss alles laufen wie ein Uhrwerk, damit sich der Gast wohlfühlt. Da gibt es immer viel zu tun“, beschreibt sie ihren Job. Seine Tochter sieht Held für den Job gut gerüstet. „Sie ist sehr durchsetzungsfähig.“Beide wissen, dass sie aber nur dank ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Zeltbetrieb stemmen können: „Wir haben auch nur zwei Hände.“
Ihre Kraft schöpfen die Familienmitglieder zu Hause in Bobingen. „Wir haben einen halben Zoo zu Hause“, sagt Tina Held. Hunde, Katzen und zwei Nymphensittiche gehören dazu. Wenn sie mit ihrem Vater und den Brüdern auf dem Plärrer ist, kümmert sich Mutter Petra Held um die Tiere. Die 33-Jährige erhält Unterstützung von ihrem Verlobten Murat, der seinen Zeltmeister gemacht hat. Im Oktober wird geheiratet, verrät sie. Ihr zukünftiger Mann ist ebenfalls tagtäglich auf dem Plärrer dabei. Für einen besonderen Job hat sie ihn bereits im Auge, falls die Besucherzahlen über die zugelassene Marke von 15.900 steigen und die Eingänge übergangsweise gesperrt werden. „Wir haben überhaupt keine Informationen, wie es dann mit unseren Reservierungen läuft. Deshalb wird mein Verlobter dann mit der Reservierungsliste zum Eingang gehen und unsere Gäste abholen“, sagt sie.
Die neuen Regelungen sorgen schon jetzt auf dem Volksfest für Ärger, weil es niemand genau weiß, wie das mögliche Zugangsverbot in der Praxis umgesetzt wird. Ein weiteres Thema auf dem Festgelände sind Preissteigerungen. Im Schallerzelt sind sie unter anderem auf das gestiegene Platzgeld für die Standfläche, den Anstieg der Mehrwertsteuer sowie höhere Personalkosten zurückzuführen, so Tina Held. Sie weiß, dass der Gast so etwas nur akzeptiert, wenn ihm dafür auch nicht weniger geboten werde.
Mit dem neuen Zelt und dem Festprogramm fühlt sie sich gut gerüstet. „Ich freue mich vor allem auf die Lasershow, die bei der Einweihungsfeier zu sehen ist“, sagt sie. Ihrer neuen Funktion blickt sie entlassen entgegen und sagt: „Ich bin aber sehr, sehr froh, dass mein Vater ebenfalls da ist.“