Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Mit Musik gegen jede Form von Mittelmäßigkeit
Im Sensemble euphorisierte der „Klub der Idealisten“das Publikum. Das lag auch an den charismatischen Gästen, unter ihnen der Schauspieler Robert Stadlober in einer seiner weniger bekannten Rollen.
In Traunstein, wo die Klub-mitglieder am Vortag aufgetreten waren, hatte konstantes Hundebellen den Beifall bereichert. Im komplett ausverkauften Sensemble dagegen machte sich ein bis zuletzt begeistertes Publikum schon in den ersten Minuten bereitwillig zum Affen, indem es die Bitte des charismatischen Klub-masters Christofer Kochs nach hintergründigen Dschungelgeräuschen erfüllte. Um das Tierische abzuschließen: Die siebte Ausgabe des 2017 von Kochs und Uli Fiedler konzipierten Formats war definitiv und schlichtweg saustark – nicht zuletzt dank der Gäste Robert Stadlober, Alexander Möckl sowie der Singer-/songwriterin Cecilia Ribbeck alias Ceci.
Bis heute ist die Idee zum Klub der Idealisten beseelt vom Faible für größtenteils akustische und explizit eigene Musik sowie dem speziellen Miteinander mit handverlesenen Gästen. Diesmal hatte wohl auch die Chance, den in Film und Fernsehen präsenten Schauspieler Robert Stadlober als Musiker und Komponist zu erleben, den Run aufs Konzert beschleunigt. Nach der Beschäftigung mit Texten von Stefan Heym fokussierte sich der komplett unprätentiöse Stadlober „just in time“auf das Werk des Schriftstellers, Pazifisten und Gesellschaftskritikers Kurt Tucholsky. Dessen erschreckend aktuelle Texte, Beobachtungen, Warnungen und Analysen, die sich etwa in „Bellevue“, „Die blonde Dame singt“oder auch in der geistreichen Ode „An das Publikum“finden, kleidete er musikalisch empfindsam und zeitgeistig ein. Ganz im Sinne Tucholskys prangerte er den Fluch der Mittelmäßigkeit an, der auch auf unserer Zeit laste. Stadlober blieb singend bei sich und ver- und betonte zur E-gitarrenbegleitung
all das Schräge, Satirische und Brüchige, transportierte die lauernde Gefahr und den Zündstoff und damit Tucholskys literarische Brisanz musikalisch schlüssig ins Heute. Nicht fehlen durfte im Klub-kontext natürlich das bekannte Gedicht „Ideal“, das vom Publikum als ein Highlight seiner Performance honoriert wurde.
Den Einstieg in den Abend meisterten mit Verve und auf lässigem Entertainmentniveau die beiden Gastgeber, die mit dem Song „Crazy times“dem Abend so etwas wie ein passendes Motto gaben. Einmal mehr deutlich wurde deren Lust an verschmitzten Rhythmen und die verlässliche Vertrautheit, die das Duo Christofer Kochs/uli Fiedler ausmachen, die mit Tenorgitarre, Bass und sonor-satten Vocals in alten und neuen Songs betörendes
Easy-listening-feeling erzeugten. Nicht zuletzt mit „Love who you love“gelang ein hinreißender Appell an Toleranz.
Dann zauberte Sologitarrist Alexander Möckl mit seinen inspirierenden Kompositionen im Minimal-modus und seinem Open-tuning-spiel (auf individuell gestimmten Gitarren) maximale Stille in den Raum. Sein aktuelles Album nennt sich „Meatus“und enthält ausschließlich filigrane, akustische Solo-gitarrenstücke, in deren tranceähnlichen Sog man sich gefahrlos hineinfallen lassen kann. Mit fast schon meditativ wirkender Hingabe und Hochspannung zugleich faszinierte Möckls Klub-part und zog das Publikum rasch mit seinem technisch perfektionierten Stil in Bann, der dem Umfeld des American Primitive Guitarpicking zuzuordnen ist.
Berührend und erfrischend natürlich war der Auftritt der erst 23 Jahre alten Ceci, die, in Kanada geboren und in Köln aufgewachsen, Augsburg zu ihrer neuen Heimat gemacht hat. Ihre Stimme klang faszinierend klar, selbstbewusst, herrlich pur, und doch schien immer eine Portion Reife mitzuschwingen, die ihren Songs das ganz eigene Profil verlieh. Die strahlen sehr viel Wärme aus, umarmen das Herz und schmeicheln sich ins Ohr.
Ceci erzählte von sich und ihrem Welterleben, machte in ihren sechs teils noch unveröffentlichten Songs auch den hohen Wert offen gezeigter Emotionen und die große Wahrscheinlichkeit ihrer Karriere als Singer/songwriterin deutlich. Wie gut, dass der nächste Klub der Idealisten für den Herbst 2024 schon in Planung ist.