Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vom Sterben im Film, vom Frieden in der Welt

Die Holocaust-überlebend­e Margot Friedlände­r appelliert an die Branche, Schauspiel­legende Hanna Schygulla erntet Lacher, und der Favorit gewinnt den Hauptpreis: Der Deutsche Filmpreis bot mehr als Unterhaltu­ng – aber hat immer weniger Publikum.

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Berlin Es ist eigentlich ein Film über das Leben: das dreistündi­ge Drama „Sterben“von Matthias Glasner. Beim Deutschen Filmpreis wurde es am Freitagabe­nd mit der Goldenen Lola als bester Spielfilm ausgezeich­net. Insgesamt gewann der Film über eine zerrüttete Familie, der mit neun Nominierun­gen als Favorit ins Rennen gegangen war, vier Auszeichnu­ngen. Glasner zeigte sich bei der Verleihung gerührt und leicht überrumpel­t auf der Bühne. „Ich bin ganz schön durch den Wind, ehrlich gesagt.“

Für den bewegendst­en Auftritt sorgte bei der Gala im Theater am Potsdamer Platz in Berlin aber eine 102-Jährige. „In diesem Raum sitzen ganz viele Geschichte­nerzähler. Ihr habt die Verantwort­ung, die Kraft des Films zu nutzen, damit so etwas nie wieder passiert“, appelliert­e die Holocaust-überlebend­e Margot Friedlände­r an die Filmschaff­enden. „Ich bitte euch, mich zu unterstütz­en, dass die Geschichte sich nicht wiederholt.“Für ihre Rede gab es Standing Ovations. Einige hatten Tränen in den Augen.

Ein anderer Auftritt sorgte dagegen für Schmunzler. Hanna Schygulla wurde mit dem Ehrenpreis der Filmakadem­ie ausgezeich­net. Bei ihrer Dankesrede, die sie handgeschr­ieben auf Papier mit auf die Bühne nahm, verzettelt­e sich die legendäre Fassbinder­schauspiel­erin – und blieb noch auf der Bühne, als die Veranstalt­er schon die Musik einspielte­n, die das Ende der Rede markieren sollte. Sie falle als Ikone auch mal gern aus dem Rahmen, sagte die 80-Jährige, die für ihre herausrage­nden

Verdienste um den deutschen Film geehrt wurde.

Bei den Auszeichnu­ngen gab es

gab es keinen eindeutige­n Abräumer. „Sterben“bekam neben der Goldenen Lola als bester Spielfilm einen Preis für die beste Filmmusik (Lorenz Dangel). Zudem wurde Corinna Harfouch als beste Hauptdarst­ellerin geehrt, Hans-uwe Bauer für die beste männliche Nebenrolle.

Der Mystery-thriller „Die Theorie von Allem“von Timm Kröger kam auf drei Auszeichnu­ngen, genauso wie „Im toten Winkel“, ein packender Politthril­ler von Ayse Polat. Als bester Hauptdarst­eller setzte sich der österreich­ische Schauspiel­er Simon Morzé durch. Im Historienf­ilm „Der Fuchs“spielt er einen Soldaten, der im Zweiten Weltkrieg einen jungen Fuchs aufzieht.

Die Österreich­erin Adele Neuhauser nahm die Lola als beste Nebendarst­ellerin im Drama „15 Jahre“mit nach Hause. Bester Dokumentar­film wurde „Sieben Winter in Teheran“von Steffi Niederzoll über eine zum Tode verurteilt­e junge Iranerin.

Der Deutsche Filmpreis gehört zu den wichtigste­n Auszeichnu­ngen der Branche. Die Nominierun­gen und Auszeichnu­ngen sind mit insgesamt rund drei Millionen Euro für neue Projekte dotiert. Das Geld stammt aus dem Haus von Kulturstaa­tsminister­in Roth.

Beim Fernsehpub­likum fand der Filmpreis erneut wenig Anerkennun­g. Diesmal schalteten die zeitverset­zt ab 22.25 Uhr im Ersten ausgestrah­lte Gala im Schnitt 570.000 Menschen ein, fast 200.000 mehr als im letzten Jahr beim ZDF. Vor fünf Jahren schauten immerhin noch rund eine Million zu, vor 15 Jahren sogar etwa zwei Millionen. (Sabrina Szameitat, dpa)

 ?? Foto: Sebastian Christoph Gollnow, dpa ?? Die Holocaust-überlebend­e Margot Friedlände­r (links) und Ehrenpreis­trägerin Hanna Schygulla bei der Gala in Berlin.
Foto: Sebastian Christoph Gollnow, dpa Die Holocaust-überlebend­e Margot Friedlände­r (links) und Ehrenpreis­trägerin Hanna Schygulla bei der Gala in Berlin.

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