Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Bbk-ausstellung „Members only“: Mitglieder zeigen ihre Kunst
Auf der Vernissage des Berufsverbandes Bildender Künstler verleihen sich die Mitglieder untereinander einen Preis. Überraschendes bieten jedoch eher die Werke der Nichtgewinner.
Das Ambiente locker, der Raum weit, weiß und hell, an den Wänden und auf dem Boden Kunst bis zum Abwinken. 121 Künstlerinnen und Künstler des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK) haben für die „Members only“-ausstellung des Verbandes je eines ihrer Werke zur Halle 1 in den Glaspalast geschafft. Bei manchen ist es ein Bild, bei manchen eine Werkserie, bei anderen eine Installation. Wie die von Nina Zeilhofer, die 120 Leitzordner auseinandergerissen, die Metallinnereien auf dem Boden die Aktendeckel drumherum gruppiert hat. Titel: „Ordner, Auflösung, Ordner“. Insider wissen: Was hier zur Kunst geworden ist, ist die Geschichte des BBK selbst. Lange Jahre residierte er im Kulturhaus Abraxas und sammelte seine Innereien zwischen den Bügeln der Ordner. Vor dem Umzug vor wenigen Wochen hat Zeilhofer die Papierflut auseinandergenommen und der Vergangenheit eine witzige Skulptur gewidmet.
Um die Ecke, frei im Raum stehend, wartet die „Effektivitätsverhinderungsmaschine“auf einen, der der deutlichen Aufforderung „Press“am Boden folgt. Der Sozialpädagoge und Künstler Harald Riemann hat alte, verwitterte Balken aus dem Lech gezogen und eine kinetische Spielerei gebaut: Am Querbalken hängen in Kleister getauchte, aquarellbemalte Papierblätter auf der einen und ein vergoldeter, stilisierter Fisch auf der anderen Seite. Das kleine Mobile ist über Drähte, Zahnräder und Keilriemen mit dem Motor am Boden verbunden. Ein Tritt auf die
Fußpedale am Boden, Fisch und Blätter drehen sich in einem gemächlichen, meditativen Move.
Auf der Rückseite der Konstruktion ist ein Rehbockschädel angebracht. „Ja, der ist echt, aus dem Wald“, so der Künstler. Er stehe für das Spirituelle, Vergängliche seines Werks. „Die Maschine zeigt ein entschleunigtes Leben. Man kann schön langsam schauen, bewundern, selbst Hand anlegen“, erklärt Riemann. Als Reminiszenz an die Ästhetik hat er die Spitzen des Geweihs sowie die Seitenenden der zerfaserten Holzbalken mit feinen Goldflächen veredelt.
Die Ausstellung, deren Vernissage der BBK mit über 200 Gästen feierte, zeigt keine High-endkunst. Dafür ist der Spaziergang zwischen den weißen Wänden und durch die beiden atmosphärischmystischen Kabinette eine Entdeckungsreise durch die unterschiedlichsten Stilarten und bisweilen hochkarätigen Arbeiten, die in Augsburger und schwäbischen Ateliers entstehen. Das hochformatige, in tiefen Blautönen gemaltes Bild „Der Traum“mit dem angedeuteten Männergesicht, den verschwommenen Wangenknochen und den eisblauen Augen (Alexandra Vollbracht) hat hier ausreichend Platz zum Wirken. Oder die großformatige Schwarzweiß-fotoarbeit von Alexandra Vassilikian. Auch dieses Bild „Et in Arcadia Eco“, das die hintere Ansicht eines nackten, älteren Männerkörpers zeigt, der zwischen mit Asche und Pigmenten stark verfremdeten Bäumen den Weg ins Licht einzuschlagen scheint, kann ganz anders leuchten als in der Enge des Abraxas.
Höhepunkt und eigentlicher Zweck der „Members only“-vernissage ist die Vergabe des vierten Bbk-„kolleg:innenpreises“. Zur Auszeichnung gehört ein Geldpreis von A3 Kultur, ein Einkaufsgutschein über 500 Euro für Kunstbedarf und eine eigene Ausstellung im zweiten Stock des Glaspalastes. In dem simplen, bei der Vielzahl der Vernissage-besucher jedoch recht langwierigem Wahlverfahren schreibt jedes der anwesenden Bbk-mitglieder fünf Kunstwerke auf, wer die meisten Stimmen hat, kommt auf die Nominierungsliste für den Hauptpreis. In einem weiteren Wahlgang gewinnt hier das Werk mit den meisten Stimmen.
Gewinnerin ist Barbara Auer mit zwei großen Kohlezeichnungen. Eineinhalb auf einen Meter groß, deutet „Polyhuman“Körper in wilden Schraffierungen an, der eine aufrecht, der andere düster vornübergebeugt. Auer hat lange als Kunsttherapeutin gearbeitet und lebt in Stadtbergen. In Ausführung und Motiven ist der diesjährige Preisträger den prämierten Werken 2021 und 2022 auffallend ähnlich. Auch diese zeigten – mal in Tusche und Bleistift, mal nur in Tusche ebenfalls Abstraktionen menschlicher Konturen. Statt solcher eher akademischen Zeichnungen könnte der Trend beim nächsten Kolleg:innenpreis gerne zu etwas Überraschendem, Innovativen übergehen, von dem es ja auch in dieser Ausstellung genug gegeben hätte.
„Members only“ist noch bis zum 30.6., Di – So, 10 – 17 Uhr, im Glaspalast, Halle 1, zu besichtigen. Das ausliegende Werkverzeichnis enthält auch eine Preisliste aller ausgestellten Exponate.