Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Halleluja, Heidenheim
Aus dem Aufsteiger wird – wie anfangs häufig vermutet – kein Absteiger. Vielmehr geht es jetzt um Europa.
Absteiger Nummer eins – ein Prädikat, das Aufsteigern in die Bundesliga häufig verpasst wird. Nicht immer treffen solche Vorhersagen ein. Und es kam wohl noch nicht oft vor, dass man mit der Einschätzung einer Mannschaft so danebengelegen ist wie mit der des 1. FC Heidenheim. Der Klub aus der schwäbischen Provinz steht seit dem vergangenen Spieltag auch rechnerisch als Nichtabsteiger fest. Doch das ist nicht alles: Als Tabellenzehnter hat das Team von Trainer Frank Schmidt noch realistische Chancen auf eine Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb. Platz sieben würde sicher reichen, Rang acht eventuell. Entfernt ist das derzeit nur drei beziehungsweise zwei Punkte.
An den letzten beiden Spieltagen bekommt es die Mannschaft um Torjäger Tim Kleindienst noch mit Freiburg, das auf Platz sieben liegt, sowie mit Köln, das den Abstieg nur noch theoretisch verhindern kann, zu tun. Es ist also alles möglich. Kleiner Etat, überschaubares Stadion, ein relativ geringer Kaderwert – das alles spielt beim FCH scheinbar keine Rolle. Mit starken Leistungen, unter anderem schlug man den FC Bayern zu Hause nach 0:2 Rückstand noch mit 3:2, hat man sich seinen Platz in der Beletage des deutschen Fußballs verdient. 38 Punkte hat man bereits auf der Habenseite und deutlich stärker eingeschätzte Teams wie Wolfsburg, Mönchengladbach oder Union Berlin hinter sich gelassen. „Ich glaube, wir haben einen brutal starken Charakter und lassen uns von niemandem runterziehen“, sagte Kleindienst auf die Frage nach dem Geheimrezept. Auch das Thema Europa ist in der 500.000-Einwohner-stadt nicht verpönt: „Natürlich haben wir uns schon darüber unterhalten“, so der Stürmer, der bereits zwölf Treffer erzielt hat. „Aber das ist nicht das, womit wir uns beschäftigen müssen. Es ist realistisch, weil es die Punktezahl hergibt. Für uns ist das, was wir feiern, das Wichtigste und das ist der Klassenerhalt.“
Erfolgsgaranten sind Leute, die schon lange im Verein sind. So wie Holger Sanwald, der 1994 als Abteilungsleiter einstieg, als der Verein noch Heidenheimer SB hieß. Von der Landesliga ging es stetig bergauf, vor allem, als Frank Schmidt 2008 als Trainer übernahm. Oberliga, Regionalliga, 2. und 1. Liga – und jetzt bald Europa? „Was uns stark macht, sind Fleiß, Ehrgeiz, Ehrlichkeit. Wir gehen alle vernünftig miteinander um, bescheißen keine Sponsoren oder Partner“, hatte Sanwald vor einigen Wochen gesagt. Eine gute Basis, die durch kluge Transfers zum derzeit nicht enden wollenden Höhenflug geführt hat.
Nun wartet also erst einmal das Südduell mit dem SC Freiburg, der ähnliche Sympathien in Fußball-deutschland genießt wie die Heidenheimer. Im Europa-parkstadion wird am Samstag um 15.30 Uhr im Breisgau angepfiffen und die Gäste werden an die Leistung aus dem Hinspiel anknüpfen wollen. Zweimal egalisierte das Schmidt-team damals eine Freiburger Führung und konnte in der Nachspielzeit sogar den 3:2-Sieg bejubeln. Nachdem im Schneckenrennen um Europa scheinbar keine Mannschaft so recht am Einzug ins internationale Geschäft interessiert ist, würde es nicht verwundern, wenn der FCH in der Spielzeit 2024/25 nicht nur national für Furore sorgt.
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