Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zu viel Druck

Apple muss sich für ein zerquetsch­tes Klavier rechtferti­gen und deshalb soll neuer Werbeclip nicht im Fernsehen laufen.

- Von Matthias Zimmermann

Autsch! Apple hat sich für die Vorstellun­g seiner neuen Vorzeige-tablets eine ganz besondere Werbekampa­gne ausgedacht. Doch die ging nun nach hinten los. In einem Video, das nur im Internet veröffentl­icht wurde, sieht man eine zimmergroß­e Presse, die mit allerhand Kreativmat­erial vollgestel­lt ist: Musikinstr­umente, Farbdosen, Spielzeug und ein Videospiel­automat sind etwa auf den wohl am Computer entstanden­en Bilder extrem lebensecht zu erkennen.

Während sich auf einem Plattenspi­eler „All I Ever Need is You“von Sonny & Cher dreht, setzt sich die Presse langsam, aber unerbittli­ch in Gang. Als erstes trifft es eine Trompete, die ganz oben auf dem Berg von Dingen steht, dann zerspringe­n die Seitenwänd­e und der Bildschirm eines Arcade-automaten, bevor schließlic­h bunte Farbe aus zerquetsch­ten Eimern über ein

Klavier nach unten rinnt. Eine Minute dauert der Spot, der am Dienstagna­chmittag (Ortszeit) auf dem Konto von Apple-chef Tim Cook beim Kurznachri­chtendiens­t X veröffentl­icht wurde. Nur unwesentli­ch länger dauerte es, bis die gefürchtet­e „Netzgemein­de“den Daumen über diesem Teil der großen Werbekampa­gne zur Einführung der neuen Spitzenmod­elle der Apple-tabletcomp­uter senkte.

„Instrument­e der Kreativitä­t“ würden in dem Clip zerstört, hieß es etwa. Der Schauspiel­er Hugh Grant beklagte ebenfalls auf X sogar ganz grundsätzl­ich die „Zerstörung der menschlich­en Erfahrung“durch das Silicon Valley. Damit war die Botschaft des Filmchens so ziemlich auf den Kopf gestellt. Wenn man den Clip nämlich zu Ende schaut, sieht man, wie die Presse wieder aufgeht und das neue Tablet von Apple darin liegt.

Musik machen, malen, schreiben, spielen und alle möglichen anderen kreativen Tätigkeite­n lassen sich alle mit nur diesem Gerät verwirklic­hen, wollte Apple eigentlich auf diese Weise mitteilen. Stattdesse­n entschuldi­gte sich das Unternehme­n nun sogar für die Werbung und die schlechten Gefühle, die sie ausgelöst hat. Im Fernsehen soll der Clip nun gar nicht laufen, hieß es weiter.

Ein Ziel hat die Kampagne aber wohl trotzdem erreicht: Sie hat Apple und dem angeblich dünnsten Tablet aller Zeiten ziemlich viel Aufmerksam­keit beschert.

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Foto: Christoph Dernbach, dpa Der Konzern von Apple-ceo Tim Cook hat sich für ein Werbevideo entschuldi­gt.

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