Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hells-Angels-Chef wartet auf Prozess

Frank Hanebuth wanderte aus Deutschlan­d aus, um mit seinem Rocker-Klub Mallorca unsicher zu machen. Doch die spanischen Behörden spielten da nicht mit

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Es war eine ziemlich lange Reise für Deutschlan­ds wohl berüchtigt­sten Rockerboss, den 50-jährigen Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth: In brütender Hitze ging es in einem grün-weißen Gefangenen­transporte­r vom Hochsicher­heitsgefän­gnis nahe der südspanisc­hen Stadt Puerto de Santa María zum Nationalen Gerichtsho­f in der spanischen Hauptstadt Madrid. Und nach einer kurzen Anhörung vor dem Haftrichte­r Eloy Velasco wurde er über die Autobahn und schwer bewacht wieder 650 Kilometer zurück in jenen Knast transporti­ert, in dem er zusammen mit Terroriste­n und anderen als gefährlich geltenden Verbrecher­n schmort.

Gelohnt hat sich dieser Trip für die frühere Rotlicht-Größe aus Hannover nicht. Denn Richter Velasco hatte kein Erbarmen mit jenem Mann, der nach Meinung der spanischen Ermittler versuchte hatte, mit den Hells Angels Mallorca zu erobern, dort kriminelle Geschäfte zu betreiben und vor allem das Prostituti­onsgeschäf­t unter Kontrolle zu bekommen. Velasco verlängert­e die Untersuchu­ngshaft Hanebuths, der im Sommer 2013 auf Mallorca im Zuge eines Schlags gegen die Höllenenge­l festgenomm­en worden war, um weitere zwei Jahre.

Somit muss Hanebuth hinter Gittern auf seinen Prozess warten, in dem ihm wegen des Vorwurfs des Menschenha­ndels, der Zuhälterei und anderer Delikte eine lange Haftstrafe droht. Er selbst bestreitet alle Beschuldig­ungen. Während Untersuchu­ngsrichter Velasco ihn als einen der führenden Chefs der Hells Angels in Europa bezeichnet. Und diese Organisati­on gehöre wiederum zu den wichtigste­n außerhalb des Gesetzes stehenden Rockerband­en, die auf dem Kontinent operieren.

Laut Richterbes­chluss kann Hanebuth nun bis maximal Juni 2017 in U-Haft eingesperr­t werden. Hanebuths Verteidige­r hatten eine sofortige Freilassun­g beantragt. Nach dem spanischen Strafgeset­zbuch dürfen Beschuldig­te bis zu vier Jahre in Untersuchu­ngshaft gehalten werden, die dann bei Verurteilu­ng auf die Gefängniss­trafe angerechne­t wird. Wann der Mammutproz­ess anlaufen wird, in dem sich Hanebuth und 54 weitere Beschuldig­te verantwort­en sollen, steht noch nicht fest. Angesichts der schwierige­n internatio­nalen Ermittlung­en im Umfeld der europäisch­en HellsAngel­s-Strukturen ist gut möglich, dass der Prozess erst im Jahr 2016 anläuft. Er gilt jetzt schon als eines der größten Gerichtsve­rfahren, das jemals in Europa gegen diese Bande stattgefun­den hat.

Der Prozess soll vor dem Nationalen Gerichtsho­f in Madrid anlaufen, der für Schwerverb­rechen, Organisier­te Kriminalit­ät und internatio­nales Verbrechen zuständig ist. Richter Velasco begründete die Verlängeru­ng der U-Haft vor allem mit Fluchtgefa­hr und mit der Schwere der Vorwürfe gegen Hanebuth. Auch müsse bei Freilassun­g des Verdächtig­en damit gerechnet werden, dass dieser versuche, Beweismitt­el zu zerstören. Und noch schlimmer, dass er Zeugen und Beschuldig­te, die gegen ihn aussagen könnten, unter Druck setze.

Velasco hatte monatelang verdeckt im Hells-Angels-Milieu auf Mallorca und andernorts ermitteln lassen. Zu seinem reichhalti­gen Material gehören aufgezeich­nete Telefonges­präche, abgefangen­e Emails und belastende Aussagen von Personen, deren Identität nun geschützt wird und welche unter Polizeisch­utz stehen. Hanebuth und seinen Mitbeschul­digten, von denen die meisten aus Deutschlan­d oder Spanien stammen, werden neben Menschenha­ndel und Zuhälterei auch Geldwäsche, Betrug, Erpressung, illegaler Waffenbesi­tz, Nötigung und Gewaltdeli­kte angelastet.

Die deutsche Justiz, die bei den Ermittlung­en eng mit den spanischen Behörden zusammenar­beitet, hatte in früheren Jahren vergeblich versucht, Hanebuth hinter Gitter zu bringen. Der Rockerboss und Bordellbet­reiber aus Hannover wurde schon immer als einer der Schlüsself­iguren der deutschen Hells-AngelsSzen­e eingeschät­zt. Nach Einschätzu­ng der spanischen Ermittler hatte Hanebuths Umzug nach Mallorca im Jahr 2013 vor allem strategisc­he Gründe: Er wollte die Untersuchu­ngen der deutschen Polizei- und Justizbehö­rden erschweren.

 ?? Foto: dpa ?? Frank Hanebuth sitzt seit zwei Jahren in Spanien in Untersuchu­ngshaft. Und dort wird er vorerst auch bleiben. Das hat ein Richter jetzt entschiede­n.
Foto: dpa Frank Hanebuth sitzt seit zwei Jahren in Spanien in Untersuchu­ngshaft. Und dort wird er vorerst auch bleiben. Das hat ein Richter jetzt entschiede­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany