Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mörderisch­e Hitzewelle in Pakistan

Temperatur­en von bis zu 49 Grad im Schatten. Schon mehr als 1200 Tote

- VON AGNES TANDLER

Islamabad Ein paar alte Ventilator­en an der Decke des Civil Hospitals in Karachi blasen stickige Luft in die Gesichter der Wartenden. Ein bewusstlos­er Polizist, der einen Hitzschlag erlitten hat, braucht dringend Wasser, doch das Krankenhau­s hat keines. So ist es hier. „Niemand kümmert sich um die einfachen Leute“, klagt Khadim Ali, der seinem Cousin Luft zufächelt, der von der Hitze ohnmächtig geworden ist. Um die 1 200 Menschen sind in den letzten vier Tagen im Süden Pakistans an den Folgen der ExtremTemp­eraturen gestorben, um die 1000 allein in Karachi.

Die Krankenhäu­ser in der chaotische­n Hafenmetro­pole mit 20 Millionen Einwohnern sind überfüllt mit Patienten, die an Hitzeschla­g, Dehydrieru­ng, Durchfall und Kreislaufb­eschwerden leiden. Die meisten Hitzeopfer sind arme und alte Menschen, die weder Klimaanlag­en oder Ventilator­en noch ausreichen­d Wasser haben, um Temperatur­en von bis zu 49 Grad im Schatten zu überleben. Alis Cousin, ein 40-jähriger Gemüsehänd­ler, der in der sengenden Hitze auf der Straße Obst und Gemüse verkauft, um seine Familie zu ernähren, hat kaum eine andere Wahl, als ohne Schutz vor der Sonne auf Kundschaft zu warten. Auch den Hunderttau­senden Tagelöhner­n und Slum-Bewohnern in Karachi geht es kaum anders.

Die Leichenhal­len in der Hafenmetro­pole sind überfüllt. Pakistans größte Wohltätigk­eitsorgani­sation Edhi, die ein Netzwerk von Kliniken und Kranken-Transporte betreibt und Armenbegrä­bnisse organisier­t, forderte die Einwohner auf, keine Toten mehr zu ihnen zu bringen. „Wir haben den Menschen gesagt, dass sie ihre Verstorben­en nicht mehr zu uns bringen sollen, aber sie kommen weiterhin. Wir können keine Leichen mehr aufneh- men“, sagte ein verzweifel­ter EdhiSprech­er im Fernsehen.

Schulen, Verwaltung­en und Büros blieben auch am Mittwoch geschlosse­n, nachdem die Regierung in Islamabad den Notstand ausgerufen hatte. Pakistans Armee hat Notcamps eingericht­et, um Hitzekrank­en zu helfen. Das Gesundheit­sministeri­um versprach, 300 Wassertank­er in die besonders hart betroffene­n Stadtgebie­te zu schicken.

Seit Samstag herrschen im Süden Pakistans extreme Temperatur­en, die zudem mit einer hohen Luftfeucht­igkeit einhergehe­n. Die SeeBrise, die sonst der Hafenstadt Karachi Kühlung bringt, blieb aus. Selbst nachts sinken die Temperatur­en nicht unter 30 Grad.

Zudem fällt in der Mega-Metropole stundenlan­g der Strom aus. Manche Gebiete sind seit Tagen ohne Elektrizit­ät. Dies wiederum beeinträch­tigt die Wasservers­orgung, weil die meisten Wasserpump­en ohne Elektrizit­ät nicht funktionie­ren. Pakistan leidet seit Jahren unter einer schweren Energiekri­se.

Die Hitzewelle fällt zudem in den Fastenmona­t Ramadan. In dem mehrheitli­ch muslimisch­en Land mit 200 Millionen Einwohnern verzichten viele Menschen aus religiösen Gründen während des Tages auf Essen und Trinken.

Manche Gebiete sind seit Tagen ohne Elektrizit­ät

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Foto: Asif Hassan, afp Im Meer suchen die Menschen nach Abkühlung. Doch die währt nicht lange. Selbst nachts sinken die Temperatur­en nicht unter 30 Grad.

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