Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Harmonierendes Duo
Lena Goeßling und Melanie Leupolz erläutern, worauf es im Viertelfinale gegen Frankreich ankommt
Montreal Gleich neben dem Quartier Chinois, dem Chinatown von Montreal, liegt der Kongresspalast. Ein Wirrwarr von Sälen, Etagen, Fahrstühlen und Rolltreppen. Am Dienstag sind nun auf der zweiten Ebene schon von weitem zwei mit leuchtend orangefarbenen Trainingsjacken bekleidete junge Frauen zu erkennen gewesen, die zielsicher über den dunklen Teppich einen vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) angemieteten Raum ansteuerten. Gestatten: Lena Goeßling und Melanie Leupolz. Zuletzt im Achtelfinale gegen Schweden und vermutlich nun auch im Viertelfinale gegen Frankreich (Freitag, 22 Uhr MESZ/live ZDF) die deutsche Doppel-Sechs.
Willkommen zur Pressekonferenz, bei der die Protagonisten einen Marathon bestreiten müssen. Nur mit dem Frage-Antwort-Spiel auf dem Podium ist es bei der FrauenNationalmannschaft nämlich nicht getan, es folgen exklusive Fernsehinterviews, in der es um sportliche Einschätzungen geht; vertiefende Gespräche mit dem Radio, die sich eher um private Eindrücke drehen. Vorweg: Wenn die 29 Jahre alte Goeßling und die erst 21-jährige Leupolz im Olympiastadion so gut harmonieren wie im Kongresszentrum, dann ist schon mal eine gute Grundlage gelegt, um bis ins Halbfinale vorzustoßen.
Auf was es im Viertelfinale ankommt, trug das Gespann – obwohl meterweit voneinander entfernt – wie im Stereosound vor, so gleichlautend die Tonart. „Wir dürfen Frankreich keine Luft zum Atmen geben. Wir werden powern ohne Ende“, versprach die in Bielefeld geborene Goeßling. „Es wird der gewinnen, der es mehr will. Wir werden alles geben“, verkündete die im Allgäu aufgewachsene Leupolz. Dass sie vielleicht einen Tick bescheidener rüberkommt, liegt in der Natur der Sache: Die eine hat 75 Länderspiele (Goeßling), die andere 31 Einsätze (Leupolz).
Hauptsache, es funktioniert. „Bei uns reicht ein Blickkontakt, ein Kommando: Taktisch kenne ich die Spielweise auf dieser Position seit der U15“, erzählte die erstaunlich selbstbewusste Leupolz.
Den anschließenden Lacher verbuchte indes die gerne spontan antwortende Goeßling für sich. Auf die Frage, ob für das blinde Verständnis auch eine private Bande nötig sei, antwortete sie spontan: „Nee!“War aber nur ein Scherz, ganz sicher. Sie wissen, dass es auf ihre Ernsthaftigkeit ankommt, soll Frankreichs Spielfluss zum Erliegen kommen. Gerade aus der Zentrale mit dem Quartett um Camille Abily, Amandine Henry und Louisa Necib entfaltet der Gegner seine größte Stärke. „Wenn die Französinnen ins Kombinieren kommen, wird es schwierig, das zu verteidigen. Wir müssen ihnen unser Spiel aufdrängen“, weiß Goeßling.
Sie als ordnende Hand vom Pokalsieger VfL Wolfsburg und Leupolz als wichtiger Neuzugang vom Meister FC Bayern haben ihren Stammplatz erst mit der WM abgesichert: Die eine wurde durch zu viele Fehlzeiten im Nationalteam teilweise verdrängt, die andere schien im Konkurrenzkampf mit Dzsenifer Marozsan zu unterliegen.
Doch Silvia Neid hat erkannt, dass die lauf- und zweikampfstarke Leupolz neben Goeßling die klügere, weil verlässlichere Lösung darstellt, um den Verbund defensiv stabil zu halten.
Marozsan ist zweifelsohne die noch bessere Technikerin, aber die offensive Option hebt sich die Bundestrainerin lieber für den weiteren Spielverlauf auf. Und wechselt vielleicht – wie gegen Schweden – schon zur Halbzeit.
Leupolz („Ich war nicht verletzt“) bekam dafür keine Begründung geliefert, „das war aber absolut okay, denn ‚Maro‘ ist eine super Spielerin. Wir haben hier alle ein Ziel.“Sich nämlich den Traum vom Titel zu erfüllen.