Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Von Erinnerungen eingeholt
Veteran Eric Lomax hat als Kriegsgefangener Schreckliches erlebt. Mit seiner Braut hofft er, vergessen zu können. Doch die Vergangenheit lässt ihn nicht los
Anfang des Jahres hatte bereits Angelina Jolie mit „Unbroken“die cineastische Aufmerksamkeit auf die brutalen Praktiken in japanischen Kriegsgefangenenlagern während des Zweiten Weltkrieges gelenkt. Der Film zeigte basierend auf der Autobiografie die Überlebensgeschichte des Olympialäufers Louie Zamperini im Märtyrer-Format und hörte genau dort auf, wo es hätte interessant werden können. Denn nach dem Krieg unterzog sich Zamperini einer psychologischen Behandlung und engagierte sich für die Aussöhnung mit dem einstigen Kriegsgegner.
Hier, bei der Traumabewältigung, setzt nun die britisch-australische Produktion „Die Liebe seines Lebens“von Jonathan Teplitzky an. Zugrunde liegt wiederum die Autobiografie eines ehemaligen Kriegsgefangenen, die im englischen Original viel zutreffender „Railway Man“heißt. Colin Firth spielt den britischen Veteranen Eric Lomax, der Jahrzehnte später noch von seinen Erinnerungen an die japanischen Arbeitslager eingeholt wird. Der scheue Eisenbahnfan lernt auf einer Zugfahrt die frühere Krankenschwester Patti (Nicole Kidman) kennen. Frisch verliebt und verheiratet scheint sein Leben endlich eine glückliche Wendung zu nehmen. Aber schon in der Hochzeitsnacht wird Eric wieder von seinen Albträumen heimgesucht.
In einer Rückblendendramaturgie werden nach und nach die schrecklichen Erinnerungen ins Bild gefasst: Beim Fall von Singapur müssen sich britischen Soldaten 1942 den japanischen Streitkräften ergeben und werden zum Bau der berüchtigten Eisenbahnlinie zwischen Thailand und Burma in den Dschungel verschleppt. Dem damals 21-jährigen Funktechniker Eric (jetzt Jeremy Irvine) gelingt es,
Jonathan Teplitzky absolvierte das Studium im Fach Film und Fernsehen in London 1989 als Klassenbester. Nach über einem Jahrzehnt im Ausland kehrte er in seine Heimat nach Australien zurück, wo er 2000 mit seinem ersten langen Spielfilm „Better than Sex“mit David Wenham und Susie Porter in den Hauptrollen sofort durchstartete. Er wurde für acht AFI Awards nominiert, darunter in der Kategorie Bester Film. Sein zweiter Film aus hineingeschmuggelten Teilen einen Radioempfänger zu bauen. Als man das Gerät bei ihm findet, wird er unter Spionageverdacht wochenlang gefoltert. Als Eric Jahrzehnte später erfährt, dass sein früherer Peiniger auf dem ehemaligen Lagergelände eine Gedenkstätte betreibt, reist er dorthin mit dem festen Vorsatz, den Mann umzubringen.
So eindringlich die Bilder aus dem Gefangenenlager auch inszeniert sind, erscheint Teplitzkys Vorhaben, sich Rückblende für Rückblende immer tiefer in die Schrecken der „Große Tricks und kleine Fische“mit Sam Worthington und Timothy Spall kam 2003 in die Kinos und wurde zwölffach für den AFI Award nominiert. Auch sein dritter Film „Burning Man“, eine bewegende Vater-SohnGeschichte, in dem Matthew Goode, Kerry Fox und Rachel Griffiths mitspielten, wurde für zehn Preise nominiert.
Der Australier inszenierte auch Werbespots und Musikvideos und stellte eigene Fotografien in Sydney, London und New York aus. (loi) Erinnerung vorzuarbeiten, doch ein wenig simpel. Traumabewältigung ist ein komplexer Prozess, der sich nicht so leicht in eine konventionelle Filmästhetik pressen lässt. Colin Firth hat zwar schon in „A Simple Man“und „The Kings Speach“bewiesen, dass er eine hohe schauspielerische Sensibilität für die unterdrückten Emotionen verkapselter Charaktere besitzt. Aber hier wird er zum Gefangenen eines Konzepts, das versucht, die Verarbeitung grausamster Kriegserlebnisse mit einer romantischen Liebesgeschichte zu kreuzen.
Dabei erweist sich Nicole Kidman („Grace of Monaco“) mit ihrer ätherisch-gelifteten Aura als fatale Fehlbesetzung – gerade auch angesichts des großen Pools an qualifizierten britischen Kolleginnen, die der Rolle die notwendige Erdung hätten verleihen können. Die Verarbeitung von Kriegstraumata und der Versöhnungsprozess zwischen Tätern und Opfern sind damals wie heute Themen von zentraler, gesellschaftlicher Bedeutung. Umso bedauerlicher, dass Teplitzky sein hochinteressantes Sujet nicht frei atmen lässt und alle Widersprüche in vorformatierten Erzählsträngen banalisiert. *** OFilmstart
Ein erfolgreicher Australier
in Augsburg, Memmingen, Neu-Ulm, Penzing