Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Nichts Neues zu Jesus
Der Vortrag „Wer war Jesus wirklich?“lockte über 100 Zuhörer. Die Antwort enttäuschte
und gegen – die Echtheit der Fundamente des christlichen Glaubens.
Kein Wunder, dass zum Vortrag „Wer war Jesus wirklich? Neuere Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung“über hundert Zuhörer ins Evangelische Forum Annahof kamen und der Seminarraum aus allen Nähten platzte. Ganz im Sinne des Referenten Nils Neumann vom Institut für Evangelische Theologie der Uni Kassel. Er führte aus, wie verheißungsvolle Schocküberschriften – „Geheimakte Jesus“, „Rätsel Jesus“, „Der verfälschte Jesus“all- jährlich pünktlich zu Weihnachten die Buchläden fluten. „Das verkauft sich“, erklärte er und rollte anschließend die zweihundert Jahre alte Geschichte dieses Skeptizismus auf.
Dabei blieb es. Keine „neueren Ergebnisse“zur historischen Forschung über Jesus. Der Referatstitel: leere Versprechung. Dafür gab es eine Nabelschau zur Wissenschaftsgeschichte: Neumann erläuterte die Veränderungen der Leben-JesuForschung ab dem 18. Jahrhundert.
Der älteste Text, auf den sich die neutestamentliche Forschung stüt- zen kann, sei das Evangelium von Markus, der etwa 70 n. Chr. aus einem Sammelsurium mündlicher Überlieferung ein Jesusbild nach seinen Vorstellungen komponierte: Der jüdische Chronist und Zeitgenosse Jesu, Josephus Flavius, erwähnt zwar Johannes den Täufer, nicht aber Jesus selbst. Auch bei dem Römer Tacitus finden sich keine Gewissheiten: Er wurde ja erst 55 n. Chr. geboren. Auch außerchristliche Quellen bieten also wenig Zugang zum real existierenden Jesus. Jedoch erleichtern sie das Verständ- nis des antiken Judentums, also des Umfeldes, in dem Jesus sich bewegte. Von den gesammelten Sprüchen Jesu erkenne die christliche Forschung derzeit nur etwa ein Dutzend als gesichert authentisch an. „Gesicherte historische Erkenntnisse haben wir nicht, Beweise für die Bergpredigt oder die Kreuzigung werden wir nicht finden.“Auf die Frage einer Zuhörerin, wie denn ein tiefer Glaube möglich sei, ohne sich auf Tatsachen stützen zu können, antwortete er: Es gehe eben um Deutungen, nicht um Gewissheiten.