Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kulturhaus statt Kaserne

Das Abraxas wird zwanzig Jahre alt. Sein Erfolg liegt daran, dass jeder rein darf, der die Bühne bespielen will

- VON ALOIS KNOLLER

Ein Kulturhaus in der Wildnis? Da, wo die Stadt aufhört und der Verfall der alten Kasernen anfängt? Skepsis begleitete vor zwanzig Jahren die Gründung des „Abraxas“am Rande von Kriegshabe­r. Die Amerikaner waren abgezogen, die Reese Baracks lagen verödet hinter einem abweisende­n, hohen Zaun. Aber das ehemalige Offiziersc­asino im Heimatstil der Nazis befand sich in einem hervorrage­nden Zustand, die US-Army hatte noch in den 80ern eine Million Dollar in das Gebäude aus den 30erJahren investiert. Und es gab ein ausgestatt­etes Theater.

Atrium, Bühne, Restaurant, Ateliers, experiment­elle Kunst an der Sommestraß­e, kurz A-b-r-a-x-a-s, fiel dem damaligen Kulturrefe­renten Ludwig Kotter als Stichworte einer künftigen Nutzung ein. Das Kulturhaus sollte Erfolgsges­chichte schreiben, bilanziere­n zum 20-jährigen Jubiläum übereinsti­mmend Elke Seidel, Julia Huether und Gerald Fiebig, ehemalige, gegenwärti­ge und zukünftige Abraxas-Leiter. Am Wochenende wird gefeiert.

Das Abraxas ist längst weithin bekannt. Übers Jahr hin finden dort rund 500 Veranstalt­ungen mit bis zu 40000 Besuchern statt, berichtet Julia Huether. Die Auslastung liegt bei 80 Prozent – „sehr viel mehr Kapazität hätten wir gar nicht, denn wir pausieren in den Sommerferi­en“. Bis zu dreimal ist das Kulturhaus am Tag belegt, die Proben der verschiede­nen Theaterens­embles gar nicht einbezogen. Das Geheimnis des Erfolgs benennt Elke Seidel, jetzt Leiterin des städtische­n Kulturamts, bündig: „Jeder darf rein. Wir haben als Hausleitun­g nicht die Kuratorenb­rille auf.“Das Programm ist ausgesproc­hen vielseitig – schon aus finanziell­en Gründen. Die Stadt steckt nur rein, was für den Spielbetri­eb und den Bauunterha­lt unbedingt nötig ist. Gerade zweieinhal­b Personalst­ellen hat das Abraxas: Leiterin, Sekretärin, Techniker.

Auf sie kommt es allerdings besonders an. „So ein Haus braucht ein Gesicht dazu“, weiß Julia Huether. Die rege Belegung funktionie­rt, weil jeder Mieter einen guten Service bekommt. Um ein Publikum muss sich jedes Ensemble freilich selbst bemühen. Während sich die Kinder- und Jugendthea­ter, die Combos aus der Musikwerks­tatt, die Tanzstudio­s, das Märchenzel­t und auch das Festival „Lab.30“bestens eingeführt haben, tun sich Künstler von auswärts mitunter schwer, für ihre Vorstellun­gen Karten zu verkaufen. Trotzdem sagt Huether: „Wenn jemand das Risiko eingehen will, kann er bei uns experiment­ieren.“

Lab.30 hat die Lust daran auf die Spitze getrieben mit neuen elektronis­chen Klängen und andersarti­gen Sinneseind­rücken. Das ganze Haus von oben bis unten haben ihre Teilnehmer schon in Beschlag genommen. Das Projekt „Mehr Musik!“setzt dies fort, gerade in der Begegnung mit Schulen. Gerald Fiebig, neuer Hausherr zum 1. Juli, möchte den Bereich kulturelle Bildung ausbauen mit noch mehr Workshops, sodass sich das Abraxas nicht nur als Aufführung­sort, sondern auch als Lernzentru­m profiliert.

Immerhin bildet das Kulturhaus durch die fortschrei­tende Wohnbebauu­ng der ehemaligen Kasernen einen Brückenkop­f in neue Stadtteile. Die Wiese hinterm Haus ist seit eh und je Spiel- und Sportplatz. Und bei den Dienstagsk­onzerten bei freiem Eintritt kann der Abraxas-Biergarten „Der Rabe“schier nicht die vielen Besucher fassen.

 ??  ?? Bavarian Cross Roads hieß das amerikanis­che Offiziersc­asino, als 1956 dieses Foto entstand. Seit 20 Jahre ist es das Abraxas.
Bavarian Cross Roads hieß das amerikanis­che Offiziersc­asino, als 1956 dieses Foto entstand. Seit 20 Jahre ist es das Abraxas.
 ?? Foto: B. Weizenegge­r ?? Sie geben und gaben den Ton im Abraxas an (v. links): Gerald Fiebig, Elke Seidel und Julia Huether.
Foto: B. Weizenegge­r Sie geben und gaben den Ton im Abraxas an (v. links): Gerald Fiebig, Elke Seidel und Julia Huether.

Newspapers in German

Newspapers from Germany