Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenn Heimat etwas Fremdes ist
Nicht nur Botschafter haben ein aufregendes Leben – auch ihre Kinder wechseln alle paar Jahre das Land. Olaf Dröge vom Eukitea-Theater war eines davon
Diedorf „Ich kann mir vorstellen, dass meine Kinder alle drei Jahre die Schule wechseln und ihren Freundeskreis aufgeben müssen“– diesen Satz unterschreibt quasi jeder, der im Höheren Dienst arbeitet und irgendwann Botschafter werden möchte. Es ist Frage 37 der Selbsteinschätzung, die vom Auswärtigen Amt vor der Bewerbung empfohlen wird. Eine Frage, über die man als Mittzwanziger vielleicht schnell hinweggeht. Für Olaf Dröge, 35, vom Kinder- und Diedorfer Jugendtheater Eukitea, ist sie prägend.
„Heimat, was ist das?“, fragt Dröge. „Ich sehe mich als Weltbürger“, sagt der Schauspieler, der zum Teil in Afrika aufgewachsen ist. Die erste Klasse der Grundschule hat er noch in Deutschland mitgemacht, dann wurde sein Vater deutscher Botschafter in Burkina Faso. Das liegt in Westafrika, offizielle Amtssprache: Französisch. Es war die erste Station seines Vaters als Botschafter. Der klassische Weg fordert vorher jahrelange Arbeit im Höheren Dienst des Auswärtigen Amtes, in denen Beamte in verschiedensten Ländern in verschiedensten Positionen eingesetzt werden, vom Kultur- bis zum Wirtschaftsreferenten. Erst nach Jahrzehnten winkt vielleicht eine Stelle als Chef einer der 153 Botschaften. Für den Vater von Olaf Dröge war es Ende der 1980erJahre so weit. „Nach Burkina Faso zu ziehen war damals für mich schrecklich. All die Freunde zu verlassen“, erinnert sich Olaf Dröge. „Ich habe mit acht Jahren innerhalb von drei Monaten Französisch gelernt. Kinder sind unheimlich lernfähig.“Die Integration allerdings ging langsam vonstatten. „Es gibt eine Art Community unter den Botschaftsangehörigen. Man bleibt da schon unter sich.“Zumal keine lange Zeit für Bindungen bleibt. Im Schnitt alle drei Jahre ziehen die Botschafter weiter, verlassen die Länder wieder. Nach Deutschland kommen sie aber nicht zurück. Sein Abitur machte Olaf Dröge in den Niederlanden. Amtssprache: Niederländisch. Die Schule allerdings war die deutsche in Holland. „Trotz der Kulturähnlichkeiten kamen die Kontakte erst mit der Zeit. Ich habe jedenfalls tiefstes Verständnis für jeden, der in Deutschland Zeit braucht, um sich zu integrieren“, sagt Olaf Dröge.
Wenigstens einen Punktsieg konnten die Dröges erringen. „In Holland blieben wir viereinhalb Jahre – mein Vater konnte verlängern.“Das ist normalerweise nicht möglich, denn die Diplomaten sollen möglichst nicht zu lange am selben Fleck bleiben. Doch Olaf Dröge stand kurz vor seinem Abitur, hätte in der Oberstufe noch mal die Schule wechseln müssen. Da habe es dann eine Kulanz gegeben.
Olaf Dröge steht dennoch hinter der Entscheidung seines Vaters. „Das habe ich ihm nie krummgenommen, dass er sich für diesen Beruf entschieden hat“, sagt er.
Mit dem Abitur war dann die Hollandzeit vorbei. Während sein Vater dann nach Kamerun versetzt wurde, später nach Estland, ging Olaf Dröge zum Studium nach Deutschland zurück, nach Berlin. „Das habe ich mir selbst ausgesucht – zum ersten Mal in meinem Leben.“Doch auch da hielt es ihn nicht lange. Das Theater Eukitea in Diedorf lotste ihn von der Spree nach Schwaben. „Berlin – Augsburg ist schon eine Umstellung“, gesteht er. „Die Menschen sind hier so heimatverbunden. Da fühlt man sich einerseits fremd – andererseits kann ich mir da ja vielleicht noch etwas abgucken.“Lies mich! OMehr
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