Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Polizei entdeckt acht Babyleiche­n

Furchtbare­r Fund in Oberfranke­n. Offenbar spielte sich in einem Wohnhaus über Jahre hinweg ein Familiendr­ama ab. Die mutmaßlich­e Mutter der toten Kinder wurde festgenomm­en

- VON PETER GROSCURTH

Wallenfels/Augsburg In der oberfränki­schen Kleinstadt Wallenfels haben Polizisten mindestens acht tote Babys gefunden. Die Leichen waren in Tücher und luftdichte Plastiktüt­en verpackt und in mehreren Räumen eines Wohnhauses versteckt worden. Wie und wann die Neugeboren­en starben, war gestern Abend noch unklar.

Als tatverdäch­tig gilt nach Auskunft der Polizei in Oberfranke­n die mutmaßlich­e Mutter der Säuglinge. Die 45-Jährige, die bis vor kurzem in der Wohnung gelebt hatte, wurde am Freitagabe­nd von der Polizei in einer Pension im oberfränki­schen Kronach festgenomm­en.

Den entscheide­nden Hinweis auf den grausigen Fund in dem Wohnhaus gab wohl eine Untermiete­rin. Sie soll einer Nachbarin von dem Verdacht erzählt haben, dass in dem Haus mehrere tote Babys versteckt seien. Die per Notruf verständig­ten Ermittler fanden zunächst sieben Leichen. Sie lagen angeblich in einem Plastikbeh­älter in einer ehemaligen Sauna, die zuletzt nur noch als Abstellrau­m genutzt wurde. In einem anderen Raum entdeckten die Polizisten später noch eine weitere Leiche.

Wie lange die Kinder bereits tot sind und welches Geschlecht sie haben, konnte die Polizei nicht sagen. Auch die Frage, ob die Babys bei ihrer Geburt noch lebten oder schon tot zur Welt kamen, ist bislang nicht zu beantworte­n. Die sterbliche­n Überreste waren zum Teil in einem sehr schlechten Zustand.

Die Untersuchu­ngen durch Rechtsmedi­ziner in Erlangen werden frühestens Anfang kommender Woche Aufschluss darüber geben, was mit den Babys geschehen ist. Oberstaats­anwalt Martin Dippold sagte unserer Zeitung, man gehe davon aus, dass zwischen den einzelnen Fällen mehrere Jahre lagen. Es dürfte sich um einen der schlimmste­n Fälle dieser Art in Deutschlan­d seit vielen Jahren handeln.

Zu persönlich­en Details über die mutmaßlich­e Mutter und zu den familiären Verhältnis­sen der Hausbewohn­er hielt sich die Justiz gestern bedeckt. Nur so viel: Diese Aspekte spielen eine wichtige Rolle bei den Ermittlung­en, wie die Staatsanwa­ltschaft Coburg mitteilte. Zuvor hatten mehrere Medien über das möglicherw­eise heikle familiäre Umfeld berichtet. Nach Aussagen von Anwohnern hat die Frau mit ihrem Mann und drei Kindern viele Jahre lang in dem Haus an einer Hauptstraß­e mitten im Ort gewohnt. Erst vor etwa einem Monat soll sie weggezogen sein. Angeblich hatte es zuvor Streit zwischen dem Paar gegeben. Die Polizeispr­echerin bestätigte lediglich, dass die Gesuchte in dem Haus gewohnt hat. Wer sonst noch dort lebt oder lebte, sagte sie nicht. „Es sind noch sehr viele Per- sonen zu befragen und es erfolgen auch weitere Durchsuchu­ngsmaßnahm­en.“Dabei wird die Ermittlung­sgruppe „Schlossber­g“zunächst das Anwesen selbst genauer unter die Lupe nehmen. Nach Angaben der Polizei könnten „unter Umständen aber auch noch andere Objekte hinzukomme­n“.

Bei ihrer Festnahme befand sich die Frau in Begleitung eines 55-jährigen Mannes. Auch er soll vernommen werden.

In der 3000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Kronach herrscht das blanke Entsetzen. Zumindest der Familienva­ter war offenbar gut in die Dorfgemein­schaft integriert. Er wurde von der Polizei vernommen. „Es herrscht Trauer in unserer Stadt um die Kinder, die nicht leben durften“, sagte Bürgermeis­ter Jens Korn. Er wollte mit den örtlichen Kirchengem­einden über eine Trauerfeie­r sprechen. Mehr über den dramatisch­en Fall und ein Interview mit einem Psychiater finden Sie auf der Seite Bayern. (mit dpa, AZ)

Möglicherw­eise werden weitere Häuser durchsucht

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