Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Polizei entdeckt acht Babyleichen
Furchtbarer Fund in Oberfranken. Offenbar spielte sich in einem Wohnhaus über Jahre hinweg ein Familiendrama ab. Die mutmaßliche Mutter der toten Kinder wurde festgenommen
Wallenfels/Augsburg In der oberfränkischen Kleinstadt Wallenfels haben Polizisten mindestens acht tote Babys gefunden. Die Leichen waren in Tücher und luftdichte Plastiktüten verpackt und in mehreren Räumen eines Wohnhauses versteckt worden. Wie und wann die Neugeborenen starben, war gestern Abend noch unklar.
Als tatverdächtig gilt nach Auskunft der Polizei in Oberfranken die mutmaßliche Mutter der Säuglinge. Die 45-Jährige, die bis vor kurzem in der Wohnung gelebt hatte, wurde am Freitagabend von der Polizei in einer Pension im oberfränkischen Kronach festgenommen.
Den entscheidenden Hinweis auf den grausigen Fund in dem Wohnhaus gab wohl eine Untermieterin. Sie soll einer Nachbarin von dem Verdacht erzählt haben, dass in dem Haus mehrere tote Babys versteckt seien. Die per Notruf verständigten Ermittler fanden zunächst sieben Leichen. Sie lagen angeblich in einem Plastikbehälter in einer ehemaligen Sauna, die zuletzt nur noch als Abstellraum genutzt wurde. In einem anderen Raum entdeckten die Polizisten später noch eine weitere Leiche.
Wie lange die Kinder bereits tot sind und welches Geschlecht sie haben, konnte die Polizei nicht sagen. Auch die Frage, ob die Babys bei ihrer Geburt noch lebten oder schon tot zur Welt kamen, ist bislang nicht zu beantworten. Die sterblichen Überreste waren zum Teil in einem sehr schlechten Zustand.
Die Untersuchungen durch Rechtsmediziner in Erlangen werden frühestens Anfang kommender Woche Aufschluss darüber geben, was mit den Babys geschehen ist. Oberstaatsanwalt Martin Dippold sagte unserer Zeitung, man gehe davon aus, dass zwischen den einzelnen Fällen mehrere Jahre lagen. Es dürfte sich um einen der schlimmsten Fälle dieser Art in Deutschland seit vielen Jahren handeln.
Zu persönlichen Details über die mutmaßliche Mutter und zu den familiären Verhältnissen der Hausbewohner hielt sich die Justiz gestern bedeckt. Nur so viel: Diese Aspekte spielen eine wichtige Rolle bei den Ermittlungen, wie die Staatsanwaltschaft Coburg mitteilte. Zuvor hatten mehrere Medien über das möglicherweise heikle familiäre Umfeld berichtet. Nach Aussagen von Anwohnern hat die Frau mit ihrem Mann und drei Kindern viele Jahre lang in dem Haus an einer Hauptstraße mitten im Ort gewohnt. Erst vor etwa einem Monat soll sie weggezogen sein. Angeblich hatte es zuvor Streit zwischen dem Paar gegeben. Die Polizeisprecherin bestätigte lediglich, dass die Gesuchte in dem Haus gewohnt hat. Wer sonst noch dort lebt oder lebte, sagte sie nicht. „Es sind noch sehr viele Per- sonen zu befragen und es erfolgen auch weitere Durchsuchungsmaßnahmen.“Dabei wird die Ermittlungsgruppe „Schlossberg“zunächst das Anwesen selbst genauer unter die Lupe nehmen. Nach Angaben der Polizei könnten „unter Umständen aber auch noch andere Objekte hinzukommen“.
Bei ihrer Festnahme befand sich die Frau in Begleitung eines 55-jährigen Mannes. Auch er soll vernommen werden.
In der 3000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Kronach herrscht das blanke Entsetzen. Zumindest der Familienvater war offenbar gut in die Dorfgemeinschaft integriert. Er wurde von der Polizei vernommen. „Es herrscht Trauer in unserer Stadt um die Kinder, die nicht leben durften“, sagte Bürgermeister Jens Korn. Er wollte mit den örtlichen Kirchengemeinden über eine Trauerfeier sprechen. Mehr über den dramatischen Fall und ein Interview mit einem Psychiater finden Sie auf der Seite Bayern. (mit dpa, AZ)
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