Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Flüchtlinge: EU macht Milliarden locker
Budget 2016 soll auf Bewältigung der Migration ausgerichtet werden
Brüssel Die Rechnung für die Krise wird immer höher. Noch will in Brüssel zwar niemand konkrete Zahlen nennen, wie viel Geld die Gemeinschaft in die Hand nehmen muss, um den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms zu helfen.
Doch als die Finanzminister der Union am Freitag über Korrekturen am geplanten Haushalt für 2016 diskutierten, wurde schnell klar: „In die Migration zu investieren, heißt, Einschnitte in anderen Bereichen vorzunehmen“, wie es Jens Spahn, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, formulierte. Er vertrat seinen Chef Wolfgang Schäuble bei den Gesprächen. Tatsächlich ist der vorliegende Entwurf ehrgeizig. Innerhalb des Gesamtetats 2016, der 142,12 Milliarden Euro für Zahlungen vorsieht, sollen die Ausgaben für außenpolitische Maßnahmen um 22,5 Prozent sowie für Migration um 15,4 Prozent steigen. Forschung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit könnten mit 8,6 Prozent mehr Mittel rechnen.
Diese Umschichtungen seien notwendig, „um die wichtigsten politisch drängenden Themen wie die Steuerung der Migration anzupacken“, betonte Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna, dessen Land derzeit den Vorsitz der EU innehat. Das sieht man auch im Europäischen Parlament, das in Haushaltsfragen das letzte Wort hat, so. Rund 1,16 Milliarden Euro haben die Abgeordneten in ihrem Entwurf an Mehrausgaben für Flüchtlinge eingeplant. Der Finanzbedarf ist tatsächlich hoch, darf sich aber nur im Rahmen der Vorgaben bewegen, die die Mitgliedstaaten als Obergrenze für die Finanzperiode 2014 bis 2020 ausgehandelt haben.
Dennoch gibt es Reserven, die nutzbar wären: So steigen die Einnahmen der EU in diesem Jahr um rund 2,3 Milliarden Euro. Aufgrund der besseren Wirtschaftslage fällt der Mehrwertsteueranteil, den die Mitgliedstaaten nach Brüssel überweisen, höher aus. Außerdem ist absehbar, dass der Fördertopf für die regionale Entwicklung nicht ausgeschöpft wird, sodass unterm Strich insgesamt etwa neun Milliarden Euro bleiben, die man ins nächste Jahr überschreiben könnte. Schließlich sieht sich die Gemeinschaft auch hohen Forderungen gegenüber. In dieser Woche sicherte man den afrikanischen Staaten 1,8 Milliarden zu. Die Türkei verlangt bis zu 3,5 Milliarden, um ihre Grenzen zu sichern.
Doch die Abgeordneten kämpfen darum, für die Finanzierung der Migration nicht alle anderen Etats regelrecht leer zu räumen. „Die Mittel müssen so eingesetzt werden, dass die Ressourcen auch für andere wichtige Bereiche einsetzbar bleiben, wie etwa für die Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Verkehrsinfrastruktur“, sagte der stellvertretende Chef des Haushaltsausschusses im Parlament, Jens Geier (SPD) am Freitag.
Der Streit zwischen Abgeordneten, Kommission und Parlament dreht sich aber auch um die geplanten Einsparungen bei der Verwaltung. 2032 Stellen sollen im Apparat bis 2017 abgebaut werden, davon 331 im Parlament. Dagegen gibt es erheblichen Widerstand.