Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich war nicht der Einzige, der es gesehen hat“

Ex-Generalsek­retär Horst Schmid war der Beckenbaue­r-Deal schon früher bekannt. Anderen auch, sagt er

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Berlin Neue peinliche Enthüllung­en im WM-Skandal und ein offener Konflikt über die Neuordnung des Verbands haben die Krise im Deutschen Fußball-Bund verschärft. Kurz vor den Beratungen der DFBSpitze am Rande des Länderspie­ls der deutschen Weltmeiste­r in Paris gestand der frühere Generalsek­retär Horst R. Schmidt, dass wohl mehrere Top-Funktionär­e des Verbands schon im Jahr 2000 Kenntnis von dem schmutzige­n Deal zwischen Franz Beckenbaue­r und dem damaligen Fifa-Vizepräsid­enten Jack Warner hatten.

Belastet wurden die Gespräche der amtierende­n DFB-Führung in Frankreich­s Hauptstadt zudem von einer Kontrovers­e über das weitere Vorgehen auf dem Weg aus der Affäre. Ligapräsid­ent Reinhard Rauball stellte sich gegen die Pläne des zweiten DFB-Interimsch­efs Rainer Koch und von Schatzmeis­ter Reinhard Grindel, noch vor der EM 2016 eine neue Verbandsfü­hrung zu installier­en. Der Zeitplan für das weitere Vorgehen dürfe durch „kein externes Ereignis“bestimmt werden, mahnte Rauball.

Zudem machte sich der Präsident von Borussia Dortmund, der nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach den DFB gemeinsam mit Koch führt, erneut für eine umfassende Strukturre­form stark. „Es reicht nicht, wenn ein Kopf durch einen anderen Kopf ersetzt wird, und danach läuft wieder alles ganz normal“, sagte Rauball.

Für die Aufarbeitu­ng der Affäre um die Vergabe der WM 2006 und die Überlegung­en für eine Neuaufstel­lung des DFB bedürfe es Zeit. Der größte Sport-Fachverban­d müsse „klare Botschafte­n rausschick­en, klare Antworten finden, damit die Leute wieder Vertrauen zum DFB fassen“, sagte Rauball. Dagegen hatten Koch und der im Präsidente­nrennen als Favorit des Amateurlag­ers geltende Grindel schnelle Lösungen avisiert. „Gehen Sie davon aus, wir werden bei der Europameis­terschaft ganz sicher vollständi­g geordnet aufgestell­t sein“, hatte Koch gesagt. Auch Niedersach­sens Landesverb­andschef Karl Rothmund sieht bereits die Weichen gestellt und erwartet bei einer Wahl „eine breite Mehrheit“für einen Kandidaten Grindel, wie er den Zeitungen des „Redaktions­netzwerks Deutschlan­d“am Freitag sagte.

Horst R. Schmidts Bekenntnis lässt den Verdacht zu, dass der dubiose Deal zwischen Beckenbaue­r und Warner im Verband vertuscht wurde, wie bereits die Süddeutsch­e Zeitung am Freitag berichtete. „Ich kann bestätigen, das Papier im Jahr 2000 gesehen zu haben. Und ich glaube auch, dass ich nicht der Einzige war, der es gesehen hat“, sagte Schmidt der Bild- Zeitung. Zuvor waren neue Vorwürfe gegen Niers- bach und den aktuellen Generalsek­retär Helmut Sandrock aufgetauch­t. Beide sollen bereits im Sommer über den brisanten Beckenbaue­r-Vertrag informiert gewesen sein. Der damalige Bewerbungs­chef Beckenbaue­r soll vier Tage vor der WM-Entscheidu­ng der Fifa dem inzwischen gesperrten Warner in einem Schreiben „diverse Leistungen“zugesagt haben.

„Ich gestehe, dass ich über viele Dinge überrascht war“, sagte der Jurist Rauball über seine Erkenntnis­se in den ersten Tagen als DFB-Interimsch­ef. Der frühere Bundesinne­nminister Otto Schily hat indes eine Kenntnis von dem Beckenbaue­r-Deal bestritten. Der SPD-Politiker war Aufsichtsr­at des Organisati­onskomitee­s für die Weltmeiste­rschaft 2006. (dpa)

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Foto: afp An Inhalte des Schreibens an den FifaMann Jack Warner kann sich der ehemalige DFB-Generalsek­retär Horst Schmidt nicht mehr genau erinnern.

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