Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mozartisch heiter
Simon Pickel ist der Leiter des neuen Büros für Wolfgang Amadé. Seine Möglichkeiten schätzt er realistisch ein
Wer Simon Pickel treffen will, braucht Spürsinn. Kein Raum im Leopold-Mozart-Zentrum an der Maximilianstraße, dessen Tür seinen Aufenthaltsort verriete. Da bleibt nur, zu kombinieren. Dort vielleicht, wo das Schildchen den Schriftzug „Agnes Schilling“trägt, den Namen der langjährigen Leiterin des Leopold-Mozart-Violinwettbewerbs? Tür auf – und getroffen: Entgegen tritt der Nachfolger im Amt, Simon Pickel.
Der ist nicht nur für den Wettbewerb zuständig. Pickel ist Leiter des neu eingerichteten Mozartbüros, zuständig für all jene Bereiche, in denen die Stadt Augsburg beim Thema Mozart die Hand im Spiel hat. Man erinnert sich: Ein Gutachten hatte ein solches Büros empfohlen, möglich wurde das durch die Umwidmung der bisherigen Stelle des städtisch besoldeten Mozartforschers. Da sitzt der 35-Jährige nun also – flotte Frisur, kurz gehaltener Bart, Turnschuhe – und ist auffallend guter Laune. Und das, denkt man sich, wo das Büro doch über keinen Etat verfügt, mit dem sich neue Mozart-Initiativen befördern ließen. „Schön, wenn’s so wär’“, zuckt der Neue mit den Schultern. Aber vielleicht ist ein mozartisch heiterer Sinn auch keine schlechte Voraussetzung für den Job.
Geld steht ja, in einigermaßen gesicherten Etats, zumindest für die beiden großen Veranstaltungen zur Verfügung, die Pickel zu betreuen hat, den Violinwettbewerb – realisiert in Zusammenarbeit mit dem Leopold-Mozart-Kuratorium – und das städtische Mozartfest. Auf die Finanzausstattung des letzteren bezogen, sagt Pickel: „Damit kann man klarkommen.“Das wird man gerne hören in der Stadt.
Pickel stammt aus Nürnberg. Obwohl Augsburg kleiner ist, gefällt es ihm, der in der Altstadt eine Wohnung gefunden hat, ausgezeichnet, wie er versichert. Geläch- ter darüber, dass Augsburg sich gerne als die deutsche Mozartstadt etikettiert, mag er nicht nachvollziehen. Gewiss, sagt er, verzichte die Stadt dabei auf den Vornamen, insinuiere Wolfgang, wo eigentlich weit überwiegend Leopold dahinterstehe. Doch mit der Bedeutung des Vaters für den Sohn, mit dem Bäsle und in gewissem Umfang auch mit Wolfgang selbst könne Augsburg sehr wohl hausieren gehen. Deutlich mehr jedenfalls „als Würzburg, wo Wolfgang gerade mal einen Kaffee getrunken hat“. Allerdings will der Mozartbüro-Chef auf dem Teppich bleiben: „Augsburg zum neuen Salzburg machen zu wollen, das wird nicht funktionieren.“
Wenig mehr als zwei Monate ist es her, dass Pickel sein neues Amt angetreten hat. Allzu viel kann er deshalb nicht sagen, wie er künftig an den Stellschrauben der Mozartpflege drehen möchte. Immerhin, das Mozartfest will er „weiterentwickeln“, auch hat er zur Zusammenarbeit mit der lokalen Szene eine feste Meinung: „Die Bindung des Mozartfests an die Stadt kann nur funk- tionieren, wenn auch Musiker von hier miteingebunden sind.“Beim Festival, das zum nächsten Mal 2017 stattfinden wird, will er auch künftig an einem übergreifenden Thema festhalten – die bloße Reihung von Konzerten wäre ihm ein Gräuel. Darf man da Kritik heraushören an der lokalen Konkurrenz, an Sebastian Knauers Festival Mozart@Augsburg? „Ich finde es schön, dass Mozart@Augsburg solch hochkarätige Musiker in die Stadt bringt“, hält Pickel sich salomonisch bedeckt und verrät, dass er mit Knauer bereits zum gegenseitigen Austausch beisammen gesessen hat.
In das Mozartfest, aber auch in den Wettbewerb möchte das EinMann-Mozartbüro verstärkt die historische Aufführungspraxis verankern. Er selbst gibt sich als großer Anhänger dieser musikalischen Interpretationsrichtung zu erkennen. Da dürfte der bisherige Werdegang eine Rolle spielen. Pickel sang in jungen Jahren mehr als ein Jahrzehnt im Windsbacher Knabenchor, hängte nach dem Studium des Kulturmanagements noch eines der Musikwissenschaft dran und sammelte praktische Erfahrung beim Bachfest Leipzig wie im Management des Chamber Orchestra of Europe, das gerne mit Dirigenten zusammenarbeitet, die sich als „historisch informiert“verstehen.
Beim Violinwettbewerb, der im Mai ins Haus steht, wird man Pickels Handschrift allerdings noch nicht groß lesen können. Dafür mussten zu viele Weichen schon weit vor dem Antritt des Mozartbüro-Leiters gestellt werden. Wie Pickel sich auch für die nächsten Wochen und Monate vorgenommen hat, erst mal noch weiter einzutauchen in die Augsburger Mozart-Szene und ihre verschiedenen „Player“.
Im Laufe des Gesprächs entfährt dem Büroleiter ein Satz, der aufhorchen lässt: „Ich bin kein Heilsbringer.“Wie, liegt Augsburgs MozartSzene etwa im Unheilen? Zumindest dürfte Pickel nicht entgangen sein, dass der Chor derjenigen in der Stadt, die sich noch deutlich mehr Zuspruch für Mozart-Veranstaltungen erhoffen, durchaus vielköpfig ist. Was der Neue in dieser Hinsicht wird leisten können, bleibt abzuwarten. Simon Pickel, der sich noch zu gut an sein vorheriges Engagement als Generalsekretär des deutschen Chorverbands in Marktoberdorf erinnert, wo er sich mit trockenen Verbandsangelegenheiten herumschlug, hat sich für Augsburg jedenfalls vorgenommen: „Ich will ergebnisorientiert arbeiten.“