Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mozartisch heiter

Simon Pickel ist der Leiter des neuen Büros für Wolfgang Amadé. Seine Möglichkei­ten schätzt er realistisc­h ein

- VON STEFAN DOSCH

Wer Simon Pickel treffen will, braucht Spürsinn. Kein Raum im Leopold-Mozart-Zentrum an der Maximilian­straße, dessen Tür seinen Aufenthalt­sort verriete. Da bleibt nur, zu kombiniere­n. Dort vielleicht, wo das Schildchen den Schriftzug „Agnes Schilling“trägt, den Namen der langjährig­en Leiterin des Leopold-Mozart-Violinwett­bewerbs? Tür auf – und getroffen: Entgegen tritt der Nachfolger im Amt, Simon Pickel.

Der ist nicht nur für den Wettbewerb zuständig. Pickel ist Leiter des neu eingericht­eten Mozartbüro­s, zuständig für all jene Bereiche, in denen die Stadt Augsburg beim Thema Mozart die Hand im Spiel hat. Man erinnert sich: Ein Gutachten hatte ein solches Büros empfohlen, möglich wurde das durch die Umwidmung der bisherigen Stelle des städtisch besoldeten Mozartfors­chers. Da sitzt der 35-Jährige nun also – flotte Frisur, kurz gehaltener Bart, Turnschuhe – und ist auffallend guter Laune. Und das, denkt man sich, wo das Büro doch über keinen Etat verfügt, mit dem sich neue Mozart-Initiative­n befördern ließen. „Schön, wenn’s so wär’“, zuckt der Neue mit den Schultern. Aber vielleicht ist ein mozartisch heiterer Sinn auch keine schlechte Voraussetz­ung für den Job.

Geld steht ja, in einigermaß­en gesicherte­n Etats, zumindest für die beiden großen Veranstalt­ungen zur Verfügung, die Pickel zu betreuen hat, den Violinwett­bewerb – realisiert in Zusammenar­beit mit dem Leopold-Mozart-Kuratorium – und das städtische Mozartfest. Auf die Finanzauss­tattung des letzteren bezogen, sagt Pickel: „Damit kann man klarkommen.“Das wird man gerne hören in der Stadt.

Pickel stammt aus Nürnberg. Obwohl Augsburg kleiner ist, gefällt es ihm, der in der Altstadt eine Wohnung gefunden hat, ausgezeich­net, wie er versichert. Geläch- ter darüber, dass Augsburg sich gerne als die deutsche Mozartstad­t etikettier­t, mag er nicht nachvollzi­ehen. Gewiss, sagt er, verzichte die Stadt dabei auf den Vornamen, insinuiere Wolfgang, wo eigentlich weit überwiegen­d Leopold dahinterst­ehe. Doch mit der Bedeutung des Vaters für den Sohn, mit dem Bäsle und in gewissem Umfang auch mit Wolfgang selbst könne Augsburg sehr wohl hausieren gehen. Deutlich mehr jedenfalls „als Würzburg, wo Wolfgang gerade mal einen Kaffee getrunken hat“. Allerdings will der Mozartbüro-Chef auf dem Teppich bleiben: „Augsburg zum neuen Salzburg machen zu wollen, das wird nicht funktionie­ren.“

Wenig mehr als zwei Monate ist es her, dass Pickel sein neues Amt angetreten hat. Allzu viel kann er deshalb nicht sagen, wie er künftig an den Stellschra­uben der Mozartpfle­ge drehen möchte. Immerhin, das Mozartfest will er „weiterentw­ickeln“, auch hat er zur Zusammenar­beit mit der lokalen Szene eine feste Meinung: „Die Bindung des Mozartfest­s an die Stadt kann nur funk- tionieren, wenn auch Musiker von hier miteingebu­nden sind.“Beim Festival, das zum nächsten Mal 2017 stattfinde­n wird, will er auch künftig an einem übergreife­nden Thema festhalten – die bloße Reihung von Konzerten wäre ihm ein Gräuel. Darf man da Kritik heraushöre­n an der lokalen Konkurrenz, an Sebastian Knauers Festival Mozart@Augsburg? „Ich finde es schön, dass Mozart@Augsburg solch hochkaräti­ge Musiker in die Stadt bringt“, hält Pickel sich salomonisc­h bedeckt und verrät, dass er mit Knauer bereits zum gegenseiti­gen Austausch beisammen gesessen hat.

In das Mozartfest, aber auch in den Wettbewerb möchte das EinMann-Mozartbüro verstärkt die historisch­e Aufführung­spraxis verankern. Er selbst gibt sich als großer Anhänger dieser musikalisc­hen Interpreta­tionsricht­ung zu erkennen. Da dürfte der bisherige Werdegang eine Rolle spielen. Pickel sang in jungen Jahren mehr als ein Jahrzehnt im Windsbache­r Knabenchor, hängte nach dem Studium des Kulturmana­gements noch eines der Musikwisse­nschaft dran und sammelte praktische Erfahrung beim Bachfest Leipzig wie im Management des Chamber Orchestra of Europe, das gerne mit Dirigenten zusammenar­beitet, die sich als „historisch informiert“verstehen.

Beim Violinwett­bewerb, der im Mai ins Haus steht, wird man Pickels Handschrif­t allerdings noch nicht groß lesen können. Dafür mussten zu viele Weichen schon weit vor dem Antritt des Mozartbüro-Leiters gestellt werden. Wie Pickel sich auch für die nächsten Wochen und Monate vorgenomme­n hat, erst mal noch weiter einzutauch­en in die Augsburger Mozart-Szene und ihre verschiede­nen „Player“.

Im Laufe des Gesprächs entfährt dem Büroleiter ein Satz, der aufhorchen lässt: „Ich bin kein Heilsbring­er.“Wie, liegt Augsburgs MozartSzen­e etwa im Unheilen? Zumindest dürfte Pickel nicht entgangen sein, dass der Chor derjenigen in der Stadt, die sich noch deutlich mehr Zuspruch für Mozart-Veranstalt­ungen erhoffen, durchaus vielköpfig ist. Was der Neue in dieser Hinsicht wird leisten können, bleibt abzuwarten. Simon Pickel, der sich noch zu gut an sein vorheriges Engagement als Generalsek­retär des deutschen Chorverban­ds in Marktoberd­orf erinnert, wo er sich mit trockenen Verbandsan­gelegenhei­ten herumschlu­g, hat sich für Augsburg jedenfalls vorgenomme­n: „Ich will ergebnisor­ientiert arbeiten.“

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Foto: Ulrich Wagner Gut gelaunt vor ernst dreinblick­endem Leopold: Simon Pickel, Leiter des Augsburger Mozartbüro­s.

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