Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie sieht das Leben der Einwanderer aus?
Viele Augsburger haben Migrationshintergrund. Ein neues Projekt will diese Geschichte sichtbar machen
Archiv-Foto: Fred Schöllhorn Für die Geschichten der Einwanderer, der Gastarbeiter, hat das Staatliche Textil- und Industriemuseum (Tim) ein besonderes Augenmerk. „Wir möchten die Migrationsgeschichte Augsburgs aufarbeiten“, sagt Museumsleiter Karl Borromäus Murr. Als Fernziel ist 2018 eine große Ausstellung im Museum geplant. Die Augsburger Textilfabriken waren einer der Motoren für die Zuwanderung. Und das Museum möchte nicht nur die Geschichten der Fabrikbesitzer schildern, sondern auch die der Arbeiter.
In einem ersten Schritt sind es die Geschichten der türkischen Gastarbeiter, für die sich das Museum interessiert. Es gehe darum, passende Objekte für eine Ausstellung zu finden, auch Filmmaterial – und natürlich um die Lebensgeschichten der türkischen Gastarbeiter, sagt Murr.
Aus diesem Zweck arbeitet das Museum mit Professor Günther Kronenbitter von der Universität Augsburg zusammen. Der Historiker am Lehrstuhl für Europäische Ethnologie sagt, dass ein Ziel des Projekts auch sei, die Migration in der Erinnerungskultur der Stadt zu verankern. „Es ist doch auffallend, dass im Zusammenhang mit Augsburg immer wieder gesagt wird, dass über 40 Prozent der Bürger einen Migrationshintergrund haben. Aber nirgendwo in der Stadt wird diese Geschichte sichtbar gemacht.“
Um das künftig zu ändern, bietet das Tim am heutigen Samstag von 13 bis 17 Uhr Workshops an, in denen die Museumsarbeiter Menschen und Institutionen kennenlernen möchten, die etwas über die Einwanderung aus der Türkei erzählen können. „Wir suchen da systematisch nach Interviewpartnern“, sagt Kronenbitter.
Die erste Einwanderergeneration zählt mittlerweile zu den Senioren. „Vieles zu ihren Lebensläufen ist nicht geklärt“, sagt Kronenbitter. „Manchmal fällt auch auf, dass die erste Einwanderergeneration von ihren eigenen Kindern für ihre Leistung nicht entsprechend gewürdigt wird.“Bei der Ankunft mussten sie im fremden Land erst einmal in Gruppenunterkünften leben. Anfangs gab es auch keine Möglichkeit, die (so vorhanden) eigene Familie nach Deutschland zu holen – das geschah erst nach dem Anwerbestopp 1973.
Hinzu kommt geschichtlich auch, dass es in Deutschland im Zug der türkischen Militärdiktatur eine Politisierung gab. Außerdem waren die Einwanderer kein monolithischer Block. Auch die Minderheiten fanden sich in Deutschland wieder. Es gibt also viele verschiedene Facetten dieser Einwanderungsgeschichte, die das Textilmuseum in Zusammenarbeit mit der Universität Augsburg, dem Arbeitskreis „Vielfalt in Augsburg“und der Stadt Augsburg sammeln möchte. OWorkshops
Von 13 bis 17 Uhr veranstaltet das Tim heute Workshops unter dem Titel „Vielfalt in Augsburg“