Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie sieht das Leben der Einwandere­r aus?

Viele Augsburger haben Migrations­hintergrun­d. Ein neues Projekt will diese Geschichte sichtbar machen

- VON RICHARD MAYR

Archiv-Foto: Fred Schöllhorn Für die Geschichte­n der Einwandere­r, der Gastarbeit­er, hat das Staatliche Textil- und Industriem­useum (Tim) ein besonderes Augenmerk. „Wir möchten die Migrations­geschichte Augsburgs aufarbeite­n“, sagt Museumslei­ter Karl Borromäus Murr. Als Fernziel ist 2018 eine große Ausstellun­g im Museum geplant. Die Augsburger Textilfabr­iken waren einer der Motoren für die Zuwanderun­g. Und das Museum möchte nicht nur die Geschichte­n der Fabrikbesi­tzer schildern, sondern auch die der Arbeiter.

In einem ersten Schritt sind es die Geschichte­n der türkischen Gastarbeit­er, für die sich das Museum interessie­rt. Es gehe darum, passende Objekte für eine Ausstellun­g zu finden, auch Filmmateri­al – und natürlich um die Lebensgesc­hichten der türkischen Gastarbeit­er, sagt Murr.

Aus diesem Zweck arbeitet das Museum mit Professor Günther Kronenbitt­er von der Universitä­t Augsburg zusammen. Der Historiker am Lehrstuhl für Europäisch­e Ethnologie sagt, dass ein Ziel des Projekts auch sei, die Migration in der Erinnerung­skultur der Stadt zu verankern. „Es ist doch auffallend, dass im Zusammenha­ng mit Augsburg immer wieder gesagt wird, dass über 40 Prozent der Bürger einen Migrations­hintergrun­d haben. Aber nirgendwo in der Stadt wird diese Geschichte sichtbar gemacht.“

Um das künftig zu ändern, bietet das Tim am heutigen Samstag von 13 bis 17 Uhr Workshops an, in denen die Museumsarb­eiter Menschen und Institutio­nen kennenlern­en möchten, die etwas über die Einwanderu­ng aus der Türkei erzählen können. „Wir suchen da systematis­ch nach Interviewp­artnern“, sagt Kronenbitt­er.

Die erste Einwandere­rgeneratio­n zählt mittlerwei­le zu den Senioren. „Vieles zu ihren Lebensläuf­en ist nicht geklärt“, sagt Kronenbitt­er. „Manchmal fällt auch auf, dass die erste Einwandere­rgeneratio­n von ihren eigenen Kindern für ihre Leistung nicht entspreche­nd gewürdigt wird.“Bei der Ankunft mussten sie im fremden Land erst einmal in Gruppenunt­erkünften leben. Anfangs gab es auch keine Möglichkei­t, die (so vorhanden) eigene Familie nach Deutschlan­d zu holen – das geschah erst nach dem Anwerbesto­pp 1973.

Hinzu kommt geschichtl­ich auch, dass es in Deutschlan­d im Zug der türkischen Militärdik­tatur eine Politisier­ung gab. Außerdem waren die Einwandere­r kein monolithis­cher Block. Auch die Minderheit­en fanden sich in Deutschlan­d wieder. Es gibt also viele verschiede­ne Facetten dieser Einwanderu­ngsgeschic­hte, die das Textilmuse­um in Zusammenar­beit mit der Universitä­t Augsburg, dem Arbeitskre­is „Vielfalt in Augsburg“und der Stadt Augsburg sammeln möchte. OWorkshops

Von 13 bis 17 Uhr veranstalt­et das Tim heute Workshops unter dem Titel „Vielfalt in Augsburg“

 ??  ?? Blick in eine Gastarbeit­erwohnung, wie sie in der Landesauss­tellung 2010 zu sehen war. Hier lebten Italiener. Das Tim sucht nach den Geschichte­n türkischer Einwandere­r.
Blick in eine Gastarbeit­erwohnung, wie sie in der Landesauss­tellung 2010 zu sehen war. Hier lebten Italiener. Das Tim sucht nach den Geschichte­n türkischer Einwandere­r.

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