Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Streit um die Milch: Bauern verklagen Müller

Rund 15 Landwirte fühlen sich von der Molkerei geprellt und fordern Nachzahlun­gen. Es geht um rund 200 000 Euro

- VON FLORIAN EISELE

Fischach-Aretsried Es sind schwere Tage für die Landwirte in der Region: Weil die Preise für Milch und Fleisch im Keller sind und sie sich von den Plänen des Landwirtsc­haftsminis­teriums gegängelt fühlen, protestier­ten am Donnerstag Hunderte Bauern in Augsburg. In der kommenden Woche steht ein für viele Milchbauer­n richtungsw­eisender Termin an: Das Augsburger Landgerich­t berät über die Klage eines Milchbauer­n gegen die Molkerei Müller aus Aretsried. Der Milchbauer aus dem Kreis Günzburg fordert eine Nachzahlun­g von 23 000 Euro – und ist nicht alleine damit.

Laut Auskunft des Landgerich­ts sind mehrere ähnliche Verfahren anhängig, bei denen Milchbauer­n sich ebenfalls um Nachzahlun­gen des Milchkonze­rns aus dem Fischacher Ortsteil bemühen. Je nachdem, wie hoch ihre Forderunge­n sind, werden sie am Land- oder Amtsgerich­t behandelt: Bis 5000 Euro Streitwert entscheide­t das Amtsgerich­t, ein höherer Betrag wird am Landgerich­t behandelt. Insgesamt sind rund 15 Verfahren anhängig, in denen es um rund 200000 Euro Nachforder­ungen geht. Die Entscheidu­ng am Landgerich­t soll für sie richtungsw­eisend sein. Im Detail geht es um die Berechnung der Milchzahlu­ngen für die Jahre 2010 bis 2013: Einer der Komponente­n des Milchpreis­es – von den Bauern als Differenzb­etrag bezeichnet – ist nach Ansicht der klagenden Landwirte nicht korrekt abgerechne­t.

Die Landwirte fordern den Betrag samt Zinsen zurück und haben sich deswegen an die Münchner Anwaltskan­zlei Schneider und Collegen gewendet. Zum laufenden Verfahren möchten sich weder die Molkerei noch die Kanzlei Schneider äußern.

Der Familienbe­trieb aus dem Fischacher Ortsteil hat sich innerhalb der vergangene­n 40 Jahre zu einem internatio­nal agierenden Großkonzer­n entwickelt. In Aretsried werden jährlich rund 140 Millionen Kilogramm Milch verarbeite­t. Müllermilc­h gehört zu den prominente­sten Marken in Deutschlan­d, der Bekannthei­tsgrad der Marke Müller liegt bei nahezu 100 Prozent.

Der Rechtsstre­it kommt für die Molkerei zur Unzeit. Denn das Unternehme­n hat gerade ohnehin mit anderen Dingen für Schlagzeil­en gesorgt. Grund ist das für die Weihnachts­zeit überarbeit­et Design der Müllermilc­h-Flaschen: Auf den Verpackung­en sind halb nackte Frauen abgebildet, die für die jeweiligen Geschmacks­richtungen werben sollen.

Auf der Flasche mit der Geschmacks­richtung Schoko ist eine dunkelhäut­ige Frau abgebildet. Dieses Design brachte dem Unternehme­n in sozialen Medien Sexismus- und Rassismusv­orwürfe ein. Die Molkerei Müller wehrte sich in einer öffentlich­en Stellungna­hme gegen die Kritik: Das Design sei nicht sexistisch, sondern orientiere sich an den Pin-up-Darstellun­gen der 50er-Jahre: „Auch Rassismus in irgendeine­r Form ist keinesfall­s unsere Intention.“Die Werbekampa­gne sei wie vieles andere „reine Geschmacks­sache“.

 ?? Foto: Martin Gerten, dpa ?? Wie viel ist die Milch wert? Mit dieser Frage ist in der kommenden Woche das Augsburger Landgerich­t befasst. Es behandelt die Klage eines Milchbauer­n, der Rückzahlun­gen von der Molkerei Müller fordert.
Foto: Martin Gerten, dpa Wie viel ist die Milch wert? Mit dieser Frage ist in der kommenden Woche das Augsburger Landgerich­t befasst. Es behandelt die Klage eines Milchbauer­n, der Rückzahlun­gen von der Molkerei Müller fordert.
 ?? Foto: Marcus Merk ?? Das Betriebsge­lände von Müllermilc­h in Aretsried.
Foto: Marcus Merk Das Betriebsge­lände von Müllermilc­h in Aretsried.

Newspapers in German

Newspapers from Germany