Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Einen Pfarrer einfach mal Mensch sein lassen“
Leser üben nach Bericht über Dinkelscherber Pfarrer-Auszeit Kritik
Die Hintergründe für den Abschied auf Zeit von Dinkelscherbens Pfarrer Benedikt Gruber bleiben verborgen, der Seelsorger ist nicht zu erreichen. Er hatte um eine Sabbatzeit gebeten – eine dreimonatige Auszeit, um wieder zur Ruhe zu kommen. Und um neue Kraft zu schöpfen. Dafür haben viele Leser Verständnis. Gleichzeitig üben sie Kritik.
Auf Facebook wünscht sich eine Leserin unter anderem eine „junge katholische Kirche“, bei der Menschen auch lachen. Eine Kirche mit Predigten, denen junge Menschen auch zuhören. Offenbar gab es in Dinkelscherben Meinungsverschiedenheiten über zu kurz gehaltene Predigten des Pfarrers. User Peter Heinz mutmaßt im Internet: „Da haben wohl ein paar Ewiggestrige wieder was dagegen gehabt, dass der Herr Pfarrer zu schnell predigt, oder raucht, oder zum Angeln geht oder bei der Feuerwehr ist. Ich kann nur hoffen, dass er wiederkommt und sich nicht verbiegen lässt.“Und: „Vielleicht kann man auch einen Pfarrer einfach mal Mensch sein lassen.“Ähnlich denkt Johannes Kiss. In einem Leserbrief an die Zeitung fragt er, warum nicht auch ein Priester seine Freizeit so gestalten kann, wie er es will. Kritisch merkt er an: Anstatt sich zu freuen, dass ein junger Priester in die Gemeinde gekommen ist, werde ihm das Leben schwer gemacht.
Gruber war im September 2014 nach Dinkelscherben gekommen. Er rückte mit der Feuerwehr aus und war auch Feuerwehrmann für die Seele: Wie berichtet, hatte der 36-Jährige ein Team für die „Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte“aufgebaut.
In Notfällen gibt es auch im Bistum Ansprechpartner: Die Fachgruppe Supervision, der 30 Männer und Frauen angehören. Generalvikar Harald Heinrich, der für Priester zuständige Personalreferenten, erklärt die Einrichtung: „Das Angebot der Supervision will Seelsorgerinnen und Seelsorgern helfen, sich
Archivfoto: Andreas Lode auf die geänderten Anforderungen in der Pastoral einzustellen.“
Im Bistum Augsburg gibt es eine Fachgruppe Supervision
Eine weitere Möglichkeit ist die Sabbatzeit. Die Auszeit werde nicht nur von Priestern – jedoch eher selten – in Anspruch genommen. Eine Sabbatzeit beinhaltet grundsätzlich drei Elemente: körperliche Erholung, theologische und spirituelle Auffrischung, zum Beispiel bei Exerzitien, oder dem Mitleben in einer Ordensgemeinschaft mit geistlicher Begleitung. Begleitung einer anderen Art regt Leser Peter Heinz in Facebook an: eine Demonstration oder einen Fackellauf für Gruber, um zu zeigen, „dass es viele, viele Leute gibt, die ihren Pfarrer mögen – so wie er ist“. (mcz)