Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Meterdicke Wände für ein millionenschweres Hightechgerät
Die Strahlentherapie auf dem Gelände der Günzburger Kreisklinik wächst. Im Herzstück kommt tonnenweise Spezialbeton zum Einsatz
Günzburg 3,50 Meter dick die Decke, 3,30 Meter stark die Wände, und vorne eine wuchtige, mehrere Tonnen schwere Panzertüre: Das Herzstück der neuen Strahlentherapie in Günzburg beeindruckt schon im Rohbau. Hier wird in einigen Wochen die Strahlenkanone installiert werden, mit der die Mediziner Tumoren beschießen werden. Auf der im Mai begonnenen Baustelle im Gelände der Kreisklinik ist Halbzeit, vor Kurzem wurde Richtfest gefeiert.
Im April sollen die ersten Patienten hier behandelt werden, sagt Klinikvorstand Volker Rehbein. Dass der Strahlenbunker in Günzburg ebenerdig aufgebaut wird, ist eine Besonderheit. „Früher wurden diese Einrichtungen unter die Erde gebaut, um den Boden als Dämmung mit zu nutzen“, sagt Rehbein. Inzwischen sind die baulichen Möglichkeiten fortgeschritten. Der Strahlenschutzbeton, aus dem die Wände des Bunkers gegossen wurden, enthält das Mineral Magnetit. „Außerhalb des Bunkers wird nur die natürliche Strahlung ankommen“, erklärt der Klinikvorstand.
Im Bunker wird neben der Strahlenkanone auch ein Computertomograf seinen Platz bekommen – er dient nicht der Diagnostik, sondern vielmehr der Kontrolle der Bestrahlung. Die jetzt noch sehr kalt und bedrohlich wirkenden Betonwände bekommen im Zuge des Einbaus ein deutlich freundlicheres Aussehen, verspricht Rehbein: „Die Patienten werden durch den Aufenthalt im Bestrahlungsraum emotional so wenig wie möglich belastet.“Dazu gehört auch eine Heizung, denn je nach Lage des Tumors im Körper müssen sich die Patienten in dem Bestrahlungsraum auch entkleiden. Auch die weiteren Räume – unter anderem wird hier auch eine Allgemeinarztpraxis entstehen – sollen auf die Patienten freundlich und beruhigend wirken. Ein spezielles Farbkonzept und ein Raum, der den Austausch der Patienten untereinander ermöglicht, sind dabei vorgesehen. Gespräche mit Menschen in einer vergleichbaren Situation haben positive Auswirkungen auf die Psyche und den Genesungsprozess, ist man sich bei der Betreiberfirma sicher.
Bis zu 80 Patienten am Tag können in Günzburg behandelt werden – eine große Entlastung für die Betroffenen, wie Landrat Hubert Hafner sagt. „Die langen Fahrten zur Bestrahlung nach Neu-Ulm oder Augsburg bedeuten eine starke persönliche Belastung.“Dass die Strah- lentherapie als wesentliche Säule der Krebstherapie nun im Landkreis angeboten werden könne, mache vieles einfacher.
Insgesamt neun Millionen Euro investieren die Kreiskliniken und das Unternehmen Radiolog, das die Strahlentherapie künftig betreiben wird. Das Klinikum finanziert den Bau, Radiolog investiert in das Bestrahlungsgerät sowie die Einrichtung der Praxis und übernimmt deren Betrieb. Mit Dr. Katharina Barkhausen ist bereits eine Fachärztin für Strahlentherapie des ärztlichen Versorgungsunternehmens re- gelmäßig zu einer festen Sprechstunde am Klinikum präsent und auch in die örtliche Tumorkonferenz eingebunden. Ein spannender Moment wird die Ankunft des künftigen Herzstücks der Strahlentherapie sein: das tonnenschwere Bestrahlungsgerät, ein Teilchenbeschleuniger des Herstellers Varian. Ab dem Jahreswechsel geht das Projekt in einen mehrwöchigen Endspurt. IT-Spezialisten und Medizintechniker werden dann die Handwerker ablösen, um das Hightechgerät einzurichten. „Die Einrichtung dauert mehrere Wochen“, erklärt Volker Rehbein. Künftig wird dann für die Arbeit mit dem millionenteuren Gerät hinter meterdicken Wänden neben dem medizinischen Personal auch ein Physiker verantwortlich sein, um den exakten Einsatz der Strahlenkanone gegen die Tumoren zu berechnen.