Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Mag die ganze Welt versinken…“
Ja, so jauchzt es in den Spätherbst des zweiten Weltkriegsjahres hinein, ein im Walzer schwingender Triumph der Liebe: „Mag die ganze Welt versinken: hab ich dich!“Es ist der 13. November 1915, als der große Wurf von Emmerich Kálmán Uraufführung feiert: „Die Csárdásfürstin“. Während draußen bei einer stetig steigenden Zahl von Opfern an den Fronten, bei wachsender Not auch in der Heimat die österreich-ungarische Doppelmonarchie in ihren Grundfesten erschüttert ist, kann auf der Operettenbühne des Wiener Johann-Strauß-Theaters noch mal richtig gefeiert werden.
Fürstensohn Edwin liebt die Chansonette Sylva, sein Vater Leopold Maria, Fürst von und zu Lippert-Weylersheim, ist freilich aus Standesdünkel gegen die Verbindung. Aber nachdem dessen Versuch, den Sprössling mit Komtesse Anastasia zu vermählen, daran scheitert, dass diese wiederum einen anderen bevorzugt, steht dem Triumph der Liebe nichts mehr im Wege: „Machen wir’s den Schwalben nach“, „Tausend kleine Engel singen: hab mich lieb!“und „Weißt du es noch?“, walzert es da und auch marschiert wird mit Witz: „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“, „Ja, so ein Teufelsweib fängt dich mit Seel’ und Leib“und „Die Mädels vom Chantant“. Anfang 1914 hatten Leo Stein und Bela Jenbach mit dem Libretto begonnen – als augenzwinkerndes Hoch auf eine Gesellschaftsform, die da noch wie in der Operette an den Schauplätzen in Wien und Budapest Gegenwart war. Jetzt, zur Uraufführung, nur ein gutes Jahr später, war sie am Untergehen. Aber die Geschichte wurde – mit der flugs von einer Rumänin in eine Ungarin veränderten weiblichen Hauptrolle – zu einem Riesenerfolg. 533 Aufführungen bis Mai 1917, dann auch der Sprung auf ausländische Bühnen. Und als Csárdásfürstin reüssierte dann auch eine, die im Zweiten Weltkrieg zum Superstar deutscher Unterhaltung wurde: Marika Rökk. „Mag die ganze Welt versinken: hab ich dich!“Auch Goebbels liebte das. (ws)