Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fast zu schön, um wahr zu sein
Der Hybride Q7 e-tron fährt rekordverdächtig weit mit Strom. Die Abgaswerte sind toll, aber praxisferner denn je
Audi erhöht die Spannung: In allen Bereichen der Automobiltechnik von den Motoren bis zur Federung sollen in Zukunft elektrische Komponenten für niedrigeren Verbrauch und mehr Komfort sorgen. Vom reinen E-Mobil bis zum Wasserstoff-Antrieb, von der 48-VoltBordspannung über das Maxi-SUV mit Tankklappe und Steckdose bis zum Mild-Hybriden wird mit Hochdruck geforscht und entwickelt. Ein Überblick.
Schon die Rahmendaten klingen geradezu unglaublich – oder, um die aktuelle Debatte aufzunehmen: Fast zu schön, um wahr zu sein. Ein knapp 2,5 Tonnen schweres und 373 PS starkes SUV mit einem Normverbrauch von 1,7 Litern Diesel – da kann doch irgendetwas nicht so ganz stimmen! Richtig erkannt: Der extrem zurückhaltende Durst des nächsten Frühsommer debütierenden Audi Q7 e-tron quattro basiert auf einer sehr theoretischen und praxisfernen Berechnungsmethode von Amts wegen. Trotzdem ist der dicke Dieselsparer ein extrem spannendes Auto. Denn so weit wie er schafft es kein anderes PremiumSUV mit rein elektrischem Antrieb.
Die Ingolstädter haben ihrem 5,05 Meter langen Allradler mit viel technischem Aufwand das Spritsparen beigebracht. Der 258 PS starke Dreiliter-Diesel wird bei Bedarf von einem E-Motor mit 94 kW Leistung unterstützt, zusammen ergibt das die 373 PS Systemleistung. Auch ein Audi Q7 e-tron quattro Hubraum 2967 ccm Systemleistung 373 PS Systemdrehmoment 700 Nm Länge/B./H. 5,05/1,97/1,74 Leergewicht/Zul. 2445/454 kg Kofferraum 650 – 1835 l Anhängelast gebr. 1900 kg 0–100 km/h 6,0 Sek. Top-Tempo 225 km/h Normverbrauch 1,7 l Diesel CO -Ausstoß 46 g/km Energieeffizienzklasse A+ Preis ab 80 500 Euro interessanter Wert: Das Systemdrehmoment liegt bei 700 Nm. Das bedeutet jede Menge Power vom ersten Meter an und ermöglicht einen 0-auf-100-Sprintwert von nur 6,0 Sekunden und eine Spitze von 225 km/h. Dank des dicken AkkuPacks im Heck, das 17,3 Kilowattstunden Strom speichern kann, kommt das große SUV mit maximal 125 km/h immerhin 56 Kilometer weit, ohne einen Tropfen Sprit zu verbrauchen.
In der Praxis fühlt sich der gleichzeitige Einsatz beider Antriebsarten an, als könne der Doppelherz-Q7 eine ganze Menge seiner vielen Kilos – allein rund 450 davon stammen von der Teil-Elektrifizierung – kurzfristig neutralisieren. Erst sehr zügige Kurven zeigen, dass auch Audi nicht zaubern kann: Die große Masse will bewältigt werden.
Der theoretische EU-Normverbrauch ist die eine Seite der Medaille, der realistische Alltagsverbrauch die wichtigere: Einen Schnitt von 6,3 Litern errechnete der Bordcomputer nach einer entspannten 100-Kilometer-Runde auf tempolimitierten Autobahnen und Landstraßen. Weniger geht auch, sogar deutlich: Bei der ersten Vorstellung des im kommenden Frühjahr star- tenden Q7 e-tron lag der niedrigste Real-Verbrauchswert bei 3,3 Litern – plus dem Strom aus der am Schluss leeren Batterie. Die gehört beim Q7 e-tron zum Konzept: Das Navi wurde um eine vorausschauende Komponente ergänzt. Es berechnet für die Strecke je nach Topografie und Verkehrslage Abschnitte mit unterschiedlichen Fahrprogrammen vom reinen E- bis zum reinen Diesel-Antrieb. Wenn nötig, wird der Akku auch vom Motor geladen – alles im Dienste der Effizienz. In einer zweiten Ebene schaut das Navi nur drei Kilometer voraus und gibt optisch und per Vibrationen am Gaspedal Hinweise, wenn es sinnvoll ist, den 2,5-Tonner seinen Schwung nutzen und „segeln“zu lassen.
Die Abwärme der elektrischen Antriebskomponenten wird von einer Wärmepumpe zum Heizen oder Kühlen des Innenraums genutzt; das spart elektrische Energie für den Antrieb. Per App kann man die Klimatisierung rechtzeitig vor dem Start beginnen oder den Ladezustand der Akkus checken. An der Starkstrom-Steckdose ist der Q7-Akku in zweieinhalb Stunden wieder komplett gefüllt, an der normalen Haushaltssteckdose dauert die Prozedur rund acht Stunden. Kostenpunkt für das Auto: mindestens 80 500 Euro.
Das dürfte für den Audi e-tron quattro concept nicht so ganz reichen. 2018 will Audi das sportliche SUV – dann unter einem anderen, noch nicht bekannt gegebenen Namen – als erstes Großserien-Elektroauto aus Ingolstadt auf den Markt bringen. „Spaß statt Verzicht“soll der mit der Technik des R8 e-tron ausgestattete Stromer vermitteln, mehr als 500 Kilometer mit einer Batterieladung fahren und in 4,6 Sekunden von 0 auf 100 spurten.
Diesen Sprintwert erreicht das Forschungsfahrzeug namens A7 h-tron noch nicht ganz, aber 7,9 Sekunden sind auch schon nicht schlecht. Das Fahrzeug mit stromerzeugenden Brennstoffzellen und Elektroantrieb schafft mit fünf Kilo Wasserstoff in den Tanks rund 500 Kilometer Reichweite und ist rund 200 km/h schnell. Der h-tron fährt sich wie ein ganz normaler Stromer, also ziemlich flink und leise. In Serie wird diese Technik erst nach 2020 gehen, weil die Entwickler Reichweite und Effizienz noch deutlich verbessern wollen.
Deutlich früher kommt die beinahe flächendeckende Hybridisierung der Audi-Flotte. Je nach Mo- dell sollen ab 2017 das vorhandene 12-Volt-Stromnetz oder ein 48-Volt-Netz den Motor entweder per Generator oder per Kompressor beim Beschleunigen unterstützen und beim Verzögern Energie zurückgewinnen. Letzteres kann auch eine elektrische Wankstabilisierung, die außerdem für mehr Fahrkomfort sorgt. Und sogar die Wärme, die Stoßdämpfer beim Einfedern produzieren, wollen die Ingenieure nutzen. Ein neuartiger Rotationsdämpfer, derzeit im PrototypenStadium, kann diese Wärmeenergie in Strom umwandeln. Faszinierendes Phänomen: Je schlechter die Straße, desto mehr Strom liefert der „Stoßgenerator“– und desto höher ist die CO - und Sprit-Einsparung.
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