Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fast zu schön, um wahr zu sein

Der Hybride Q7 e-tron fährt rekordverd­ächtig weit mit Strom. Die Abgaswerte sind toll, aber praxisfern­er denn je

- VON RUDOLF HUBER

Audi erhöht die Spannung: In allen Bereichen der Automobilt­echnik von den Motoren bis zur Federung sollen in Zukunft elektrisch­e Komponente­n für niedrigere­n Verbrauch und mehr Komfort sorgen. Vom reinen E-Mobil bis zum Wasserstof­f-Antrieb, von der 48-VoltBordsp­annung über das Maxi-SUV mit Tankklappe und Steckdose bis zum Mild-Hybriden wird mit Hochdruck geforscht und entwickelt. Ein Überblick.

Schon die Rahmendate­n klingen geradezu unglaublic­h – oder, um die aktuelle Debatte aufzunehme­n: Fast zu schön, um wahr zu sein. Ein knapp 2,5 Tonnen schweres und 373 PS starkes SUV mit einem Normverbra­uch von 1,7 Litern Diesel – da kann doch irgendetwa­s nicht so ganz stimmen! Richtig erkannt: Der extrem zurückhalt­ende Durst des nächsten Frühsommer debütieren­den Audi Q7 e-tron quattro basiert auf einer sehr theoretisc­hen und praxisfern­en Berechnung­smethode von Amts wegen. Trotzdem ist der dicke Dieselspar­er ein extrem spannendes Auto. Denn so weit wie er schafft es kein anderes PremiumSUV mit rein elektrisch­em Antrieb.

Die Ingolstädt­er haben ihrem 5,05 Meter langen Allradler mit viel technische­m Aufwand das Spritspare­n beigebrach­t. Der 258 PS starke Dreiliter-Diesel wird bei Bedarf von einem E-Motor mit 94 kW Leistung unterstütz­t, zusammen ergibt das die 373 PS Systemleis­tung. Auch ein Audi Q7 e-tron quattro Hubraum 2967 ccm Systemleis­tung 373 PS Systemdreh­moment 700 Nm Länge/B./H. 5,05/1,97/1,74 Leergewich­t/Zul. 2445/454 kg Kofferraum 650 – 1835 l Anhängelas­t gebr. 1900 kg 0–100 km/h 6,0 Sek. Top-Tempo 225 km/h Normverbra­uch 1,7 l Diesel CO -Ausstoß 46 g/km Energieeff­izienzklas­se A+ Preis ab 80 500 Euro interessan­ter Wert: Das Systemdreh­moment liegt bei 700 Nm. Das bedeutet jede Menge Power vom ersten Meter an und ermöglicht einen 0-auf-100-Sprintwert von nur 6,0 Sekunden und eine Spitze von 225 km/h. Dank des dicken AkkuPacks im Heck, das 17,3 Kilowattst­unden Strom speichern kann, kommt das große SUV mit maximal 125 km/h immerhin 56 Kilometer weit, ohne einen Tropfen Sprit zu verbrauche­n.

In der Praxis fühlt sich der gleichzeit­ige Einsatz beider Antriebsar­ten an, als könne der Doppelherz-Q7 eine ganze Menge seiner vielen Kilos – allein rund 450 davon stammen von der Teil-Elektrifiz­ierung – kurzfristi­g neutralisi­eren. Erst sehr zügige Kurven zeigen, dass auch Audi nicht zaubern kann: Die große Masse will bewältigt werden.

Der theoretisc­he EU-Normverbra­uch ist die eine Seite der Medaille, der realistisc­he Alltagsver­brauch die wichtigere: Einen Schnitt von 6,3 Litern errechnete der Bordcomput­er nach einer entspannte­n 100-Kilometer-Runde auf tempolimit­ierten Autobahnen und Landstraße­n. Weniger geht auch, sogar deutlich: Bei der ersten Vorstellun­g des im kommenden Frühjahr star- tenden Q7 e-tron lag der niedrigste Real-Verbrauchs­wert bei 3,3 Litern – plus dem Strom aus der am Schluss leeren Batterie. Die gehört beim Q7 e-tron zum Konzept: Das Navi wurde um eine vorausscha­uende Komponente ergänzt. Es berechnet für die Strecke je nach Topografie und Verkehrsla­ge Abschnitte mit unterschie­dlichen Fahrprogra­mmen vom reinen E- bis zum reinen Diesel-Antrieb. Wenn nötig, wird der Akku auch vom Motor geladen – alles im Dienste der Effizienz. In einer zweiten Ebene schaut das Navi nur drei Kilometer voraus und gibt optisch und per Vibratione­n am Gaspedal Hinweise, wenn es sinnvoll ist, den 2,5-Tonner seinen Schwung nutzen und „segeln“zu lassen.

Die Abwärme der elektrisch­en Antriebsko­mponenten wird von einer Wärmepumpe zum Heizen oder Kühlen des Innenraums genutzt; das spart elektrisch­e Energie für den Antrieb. Per App kann man die Klimatisie­rung rechtzeiti­g vor dem Start beginnen oder den Ladezustan­d der Akkus checken. An der Starkstrom-Steckdose ist der Q7-Akku in zweieinhal­b Stunden wieder komplett gefüllt, an der normalen Haushaltss­teckdose dauert die Prozedur rund acht Stunden. Kostenpunk­t für das Auto: mindestens 80 500 Euro.

Das dürfte für den Audi e-tron quattro concept nicht so ganz reichen. 2018 will Audi das sportliche SUV – dann unter einem anderen, noch nicht bekannt gegebenen Namen – als erstes Großserien-Elektroaut­o aus Ingolstadt auf den Markt bringen. „Spaß statt Verzicht“soll der mit der Technik des R8 e-tron ausgestatt­ete Stromer vermitteln, mehr als 500 Kilometer mit einer Batteriela­dung fahren und in 4,6 Sekunden von 0 auf 100 spurten.

Diesen Sprintwert erreicht das Forschungs­fahrzeug namens A7 h-tron noch nicht ganz, aber 7,9 Sekunden sind auch schon nicht schlecht. Das Fahrzeug mit stromerzeu­genden Brennstoff­zellen und Elektroant­rieb schafft mit fünf Kilo Wasserstof­f in den Tanks rund 500 Kilometer Reichweite und ist rund 200 km/h schnell. Der h-tron fährt sich wie ein ganz normaler Stromer, also ziemlich flink und leise. In Serie wird diese Technik erst nach 2020 gehen, weil die Entwickler Reichweite und Effizienz noch deutlich verbessern wollen.

Deutlich früher kommt die beinahe flächendec­kende Hybridisie­rung der Audi-Flotte. Je nach Mo- dell sollen ab 2017 das vorhandene 12-Volt-Stromnetz oder ein 48-Volt-Netz den Motor entweder per Generator oder per Kompressor beim Beschleuni­gen unterstütz­en und beim Verzögern Energie zurückgewi­nnen. Letzteres kann auch eine elektrisch­e Wankstabil­isierung, die außerdem für mehr Fahrkomfor­t sorgt. Und sogar die Wärme, die Stoßdämpfe­r beim Einfedern produziere­n, wollen die Ingenieure nutzen. Ein neuartiger Rotationsd­ämpfer, derzeit im Prototypen­Stadium, kann diese Wärmeenerg­ie in Strom umwandeln. Fasziniere­ndes Phänomen: Je schlechter die Straße, desto mehr Strom liefert der „Stoßgenera­tor“– und desto höher ist die CO - und Sprit-Einsparung.

Datenblatt

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Ferne Zukunft: Das Brennstoff­zellen-Auto, das mit Wasserstof­f fährt. Hier ein Prototyp auf Basis des A7.

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