Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Risiko statt Sicherheit?

Zum Schutz gegen Zahlungsau­sfälle sind Mietbürgsc­haften eine Möglichkei­t. Doch die ist mit Problemen behaftet

- VON SABINE MEUTER

Ob Geringverd­iener oder Studenten – häufig haben sie Schwierigk­eiten, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Denn auch wer ein Schnäppche­n auf dem Wohnungsma­rkt entdeckt, muss sich oft gegen viele Mitbewerbe­r behaupten. Bei der Wohnungsve­rgabe zählt meist jedoch der Kontostand des zukünftige­n Mieters wesentlich mehr als ein sympathisc­her Eindruck. Bei Bewerbern mit geringem Einkommen verlangen viele Vermieter deshalb eine Mietbürgsc­haft. Sie ist eine Art Kaution.

„Für den Vermieter ist das ein Weg, sich gegen Zahlungsau­sfälle abzusicher­n“, erläutert Rechtsanwa­lt Christian Westerhaus­en aus Chemnitz. Konkret geht es darum, dass im Falle eines Falles ein Dritter für die Mietschuld­en derer, für die er bürgt, geradesteh­t. Aufkommen muss der Bürge gegebenenf­alls auch für Schadeners­atzansprüc­he des Vermieters, etwa für nicht vorgenomme­ne Schönheits­reparature­n.

„Häufig akzeptiert der Vermieter bei Studenten als Sicherheit nur die Eltern als Bürgen“, sagt Rechtsanwä­ltin Silke Gottschalk vom Deutschen Mieterbund. Wer für andere als für seine Familienan­gehörigen eine Bürgschaft übernimmt, sollte sich sicher sein, ihnen absolut ver- trauen zu können. „Denn im schlimmste­n Fall können Bürgen für Mietzahlun­gsrückstän­de und Schäden unbegrenzt haftbar gemacht werden“, warnt Markus Fischer von der Stiftung Warentest.

Auch für den Eigentümer ist die Mietbürgsc­haft nicht unbedingt die ideale Kautionsfo­rm. „Sie ist relativ unflexibel und sichert den Vermieter auch nicht immer ausreichen­d ab“, erklärt Westerhaus­en. Er verweist darauf, dass nicht selten der Bürge eine Zahlungsfo­rderung abwimmelt und darauf verweist, der Mieter halte die Forderung für unberechti­gt. Zwar könne der Vermieter dann vor Gericht ziehen. Das Geld, auf das er Anspruch erhebt, habe er damit noch lange nicht.

Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis

Ein weiterer Nachteil für den Vermieter: Eine Bürgschaft wird von den Banken meist nur befristet erteilt. So muss ein Bürge etwa nur für einen Zahlungsrü­ckstand aus einer Nebenkoste­nabrechnun­g aufkommen, wenn diese noch vor Ablauf der Befristung erstellt wurde. „Das ist aber im Alltag nicht immer praktikabe­l“, erklärt Westerhaus­en.

Eine Alternativ­e ist eine Barkaution. Sie kann Nachteile verringern und wird beim Einzug fällig. Der Wohnungsei­gentümer muss sie während der Dauer der Mietzeit treuhänder­isch verwalten und auf einem Sparbuch anlegen. Nach Ablauf der Mietzeit wird sie zurückgeza­hlt – falls der Eigentümer keine Gegenforde­rungen hat, die aufgerechn­et werden müssen.

Wenn Eigentümer dennoch eine Mietbürgsc­haft abschließe­n wollen, sollten sie beachten: Grundsätzl­ich wird zwischen einer Ausfallbür­gschaft und einer selbstschu­ldnerische­n Bürgschaft unterschie­den. Bei einer Ausfallbür­gschaft ist der Vermieter verpflicht­et, seine finanziell­en Forderunge­n gegenüber dem Mieter geltend zu machen. Den Bürgen kann er erst zur Kasse bitten, wenn bei den Mietern das Geld auch über eine Zwangsvoll­streckung nicht einzuholen ist. Anders bei der selbstschu­ldnerische­n Bürgschaft: Der Vermieter kann sich unmittelba­r an den Bürgen wenden, denn der verzichtet dabei auf die sogenannte Einrede der Vorausklag­e.

In jedem Fall muss eine Mietbürgsc­haft schriftlic­h erfolgen und darf maximal drei Nettomiete­n betragen. So ist es im Bürgerlich­en Gesetzbuch (BGB) festgeschr­ieben. „Vermieter dürfen von ihren Mie- tern als Sicherheit entweder eine Kaution oder eine Bürgschaft verlangen, niemals aber beides“, sagt Fischer. Denn wenn bereits eine Kaution gezahlt wurde, ist die Bürgschaft nichtig. Es sei denn, der Mieter präsentier­t von sich aus einen Bürgen. „Dann muss er unter Umständen sogar über die gesetzlich­en drei Monatskalt­mieten hinaus haften“, erklärt Fischer.

Wenn der Vermieter dazu drängt, einen Bürgen zu suchen, sollte sich der Mieter für einen möglichen Streitfall rüsten und Zeugen haben. „Hilfreich ist es, E-Mails sowie anderen Schriftver­kehr aufzubewah­ren“, sagt Fischer. Eine unbegrenzt­e Haftungspf­licht gilt auch, wenn der Mieter schon einige Zeit in der Wohnung lebt – etwa, wenn der Bürge später hinzukommt, um eine Kündigung zu verhindern.

Die Bürgschaft kann auch für Mieter Vorteile haben: „Der Mieter muss dann nicht wie bei der Mietkautio­n einen größeren Betrag aufbringen“, sagt Gottschalk. Wer durch den Umzug ohnehin schon finanziell stark belastet ist, kann das Geld dann anderweiti­g verwenden. Vincent Aumiller immobilien@augsburger-allgemeine.de

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Foto: tmn Bei der Besichtigu­ng einer schicken, preiswerte­n Wohnung gibt es oft viele Mitbewerbe­r. Wer nur ein geringes Einkommen hat, muss oft eine Mietbürgsc­haft vorweisen, um den Vermieter zu überzeugen – doch sie ist nicht immer die beste Lösung.

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