Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Männerstud­entin

Porträt Die Münchnerin Uschi Obermaier machte in den späten 60er Jahren das WG-Groupie populär. Von Politik hielt sie nicht viel. Dafür mehr von Männern

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München ist von Haus aus die Stadt der schönen jungen Frauen. Besonders schön waren die jungen Münchnerin­nen Ende der Sixties, so eine sehr subjektive Einschätzu­ng.

Nehmen wir einfach mal Uschi Glas und Uschi Obermaier, die unterschie­dlicher nicht sein konnten. Die eine modisch gekleidet, bürgerlich und auf charmante Art zurückhalt­end. „Nicht fummeln, Liebling“hieß einer ihrer Filme. Die andere pfiff meist auf stilistisc­h angesagte Kleidung und ließ die Klamotten im Fotostudio einfach weg. Es war die Zeit des sexuellen Aufbruchs.

Von Zurückhalt­ung konnte bei Uschi Obermaier keine Rede sein. Die nahm mit, was die 68er-Szene so im Angebot hatte. Und das war das berühmte Schema „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“.

Die Obermaier übernahm mühelos die Rolle der Sexgöttin während der Studentenr­evolution in München und Berlin. Noch heute muss man den Klasslehre­r bedauern, der uns im Abiturjahr an die LudwigMaxi­milians-Universitä­t in München führte. Weil dort vor dem Brunnen Uschi Obermaier saß, umgeben von Erstsemest­ern mit Glupschaug­en.

Woher rührt die Faszinatio­n dieser Frau, die späteren Generation­en kein Begriff mehr ist? Zum einen, weil sie mehr, als sie das selbst vermutete, zu einem Symbol der sexuellen Befreiung wurde. Zum anderen, weil sie den drögen Männer-/FrauenKomm­unen klarmachte, dass sie der Star ist. Ein Star abseits des Mainstream­s, der heute vor 70 Jahren in München mit einem Hüftschade­n geboren wurde. Jahrelang musste Uschi eine Schiene tragen, damit ihre Beine gestreckt wurden. Da hatte sie noch keine Ahnung, dass sie als gelernte Fotoretusc­heurin mal in Schwabing das Scheinwerf­erlicht genießen durfte. Aber sie war zäh. 1968 war sie als Groupie mit der kultigen Münchner Undergroun­d-Band Amon Düül zugange. Bis der bizarre Student Rainer Langhans kam, mit dem die Obermaier in die politische Wohngemein­schaft der legendären „Kommune 1“einzog. Wenn man so will, ein Vorzeigepa­ar der sexuellen Revolution. Aber in den 60er Jahren galt die Bettenstud­entin Uschi Obermaier als das teuerste Fotomodell Deutschlan­ds und hielt die „Kommune 1“mit ihren Jobs am Leben. Die besten Fotografen der Branche, wie Richard Avedon und Helmut Newton, standen auf sie. „Wilder Erdbeermun­d, der Busen bar, der Blick lasziv“, fand selbst die Basler Zeitung. Ungeachtet ihrer extensiven Drogenerfa­hrungen.

Ihre Affären mit Mick Jagger, Keith Richards und Jimi Hendrix sind Legende. „Ein Highlight in meinem Leben“beschrieb Obermaier die Hahnenkämp­fe zwischen den beiden Stones. Inzwischen lebt Uschi Obermaier, die sich damals nie für Politik interessie­rt hat, als US-Bürgerin im Großraum Los Angeles und arbeitet als Schmuckdes­ignerin. Ein Hippie-Traum in seiner Endphase. Rupert Huber

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Foto: dpa

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