Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Drei Monate nach dem Brexit: Welche Fragen noch offen sind
Vor drei Monaten hat das britische Volk mehrheitlich für den EU-Austritt gestimmt. Was heißt das nun? Noch immer gibt es fast nur offene Fragen: ●
Außenminister Boris Johnson ist am Donnerstag erstmals konkreter geworden. Er stellt die Austrittserklärung nach Artikel 50 der EU-Verfassung für Anfang 2017 in Aussicht. Über den Termin gab es bislang nur Vermutungen. Von Premierministerin Theresa May waren bislang allenfalls so Sätze zu hören wie: „Brexit heißt Brexit.“Hintergrund: Erst nach der Austrittserklärung können die auf zwei Jahre befristeten Verhand- lungen über die Entflechtung der Beziehungen zwischen Großbritannien und der Rest-EU beginnen. ● Es ist die Kernfrage, die alle umtreibt: Wird es einen „harten Ausstieg“oder eine „weiche Landung“geben? Behalten die Briten freien Zugang zum Binnenmarkt oder müssen sie künftig womöglich mit jedem EU-Land einzeln Handelsverträge abschließen? Letzteres wäre ein Albtraum, der jede Menge Zeit und Geld verschlingen würde. „Der Brexit ist ein britisches Problem, nicht ein EU-Problem“, sagt Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Schließlich wollen die Europäer weiterhin freien Zugang zum britischen Markt haben, wollen die Deutschen ihre Autos, die Franzosen ihren Wein auf der Insel verkaufen – natürlich ohne Zölle. Das wiederum legt nahe, dass beide Seiten eher auf eine einvernehmliche Trennung hinarbeiten dürften, statt einen großen Krach zu riskieren. ●
Auch das ist noch offen. Regierungschefin May bereitet ihre Landsleute schon mal darauf vor, dass sie womöglich bei Reisen nach Europa künftig ein Visum benötigen. Eine Ministerin warnt, EU-Bürger, die auf der Insel arbeiten wollten, müssten sich künftig vielleicht um eine Arbeitserlaubnis bemühen. Aber noch ist alles in der Schwebe. ●
Das eigentlich heiße Eisen heißt Migration. Die Kontrolle an den Grenzen zurückzugewinnen, zu entscheiden, wer auf die Insel kommt und wer nicht – das war das große Versprechen des britischen Brexit-Lagers. Da ist kaum Bewegungsspielraum. Doch Brüssel gibt sich (bisher) hart: Freier Zugang zum Binnenmarkt nur bei ungehinderter EU-Migration. (dpa, AZ)