Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Lochbach als Stromproduzent
Augsburgs Wasserkräfte Sechs Kraftwerke liefern den Jahresverbrauch von 1200 Augsburger Durchschnittshaushalten
Nächste Woche findet von Montag bis Mittwoch in Augsburg die öffentliche Fachtagung „Wasserbau und Wasserkraft, Trinkwasser und Brunnenkunst - Die Augsburger Nominierung für das UNESCO-Welterbe im internationalen Vergleich“statt. Der Titel deutet an, dass die 18 Referate die vielschichtige aktuelle Thematik von allen Seiten beleuchten. Auch die Frage „Welche Bedeutung haben Augsburgs Wasserläufe als Lebensadern der Stadt bei der Welterbe-Bewerbung?“soll erörtert werden. Eine dieser Lebensadern ist der Lochbach, dessen Wasserkraft Strom für 1200 Augsburger Haushalte erzeugt.
Die schriftlich und auf Plänen überlieferte Geschichte des Lochbachs beginnt als „Großer Brunnenbach“. Das war ein in der Lechebene bei Königsbrunn entspringender Quellbach. Er wurde in seinem Oberlauf in Richtung Augsburg von weiteren Quellbächen verstärkt. Seit dem Jahr 1603 markiert ein grob behauener grauer Stein mit Inschrift den einstigen Ursprung.
Der Stein steht im vertrockneten Quellgumpen des Brunnenbachs in einem Gebüsch nördlich des Parkplatzes an der Königsbrunner Bachstraße zwischen der Lechstraße und der Staustufe 23. Dieser Stein mit der Jahreszahl 1603 markiert bei Königsbrunn den einstigen Quellgumpen des Lochbachs. In scheinbar ungelenken Buchstaben ist auf einer Seite des Steins neben dem Wappenkreuz des Klosters St. Ulrich in Augsburg „brunnenbachs“und „1603“herausgemeißelt, auf der Gegenseite die selbe Jahreszahl sowie „Ursprung das brunnenbachs“lesbar. Der jetzige Stein ist eine Replik. Das Original von 1603 befindet sich im Lechfeldmuseum in Königsbrunn.
Dieser Brunnenbach trieb in Haunstetten Mühlräder an. Er hieß deshalb über eine lange Strecke „Haunstetter Mühlbach“. Er fließt dem Gefälle der Lechebene folgend Augsburg zu. Beim Roten Tor bekam seine Wasserkraft die für die Stadt jahrhundertelang wichtigste Aufgabe: Sie trieb bis 1879 die Trinkwasserpumpen für die drei Brunnentürme an.
Schon im 15. Jahrhundert reichte ausschließlich Quellwasser im Brun- nenbach für die vielfältigen Aufgaben nicht mehr aus. Man zapfte zum „Nachfüllen“den Lech an. Der „Brunnenbach“wurde zum „Brunnenlech“.
Der Lech verlagerte seinen Hauptarm nach und nach ostwärts. Die Folge: Der Anstich musste mehrfach verlegt werden. Um 1610/15 richtete Elias Holl etwa 16 Kilometer südlich von Augsburg einen neuen Lechanstich ein. Die Gegend hieß „im alten Loch“. Dort wurde das „Lochhaus“als Schleuse gebaut. Als „Lochbach“floss das Lechwasser durch das „Lochfeld“ins Bett des Mühlbachs. Die Bezeichnung „Lochbach“blieb, als im Jahre 1860 der Lechanstich etwa vier Kilometer näher an Augsburg verlegt wurde.
Mit dem Bau der Staustufe 22 bekam der Lochbach eine neue „Quelle“: Die Genehmigung von 1983 sieht vor, dass durch die Staumauer hindurch dem Lech 4500 Liter pro Sekunde entnommen werden. Nach wenigen Metern treibt das Lechwasser die Turbine eines Kleinkraftwerks an. Danach füllt es das Bett des Lochbachs. 3000 Liter pro Sekunde sollen in Augsburg ankommen, 1500 Liter sind unterwegs zur Bewässerung des Stadtwaldes bestimmt.
An der Versickerungsanlage Fohlenau verliert der künstliche Kanal 210 Liter. Es soll das Grundwasser anreichern. Auch nahe der Straße Königsbrunn-Mering wird an drei Stellen Wasser abgezweigt. Es wird dem Aumühlbach, dem Neuen Graben und dem Alten Floßgraben zugeführt. Der Lochbach hat auch Zuflüsse: In ihn münden bei Haunstetten die Bissinger-Quellen, der Südliche Mühlbach, der Große und der Kleine Ölbach und beim Silbermann-Park der Brunnenbach.
Die Fließenergie des Lochbachs wird vor Erreichen der Altstadt in fünf Wasserkraftwerken in „grünen“Strom umgewandelt: im Kraftwerk der abgebrochenen Bleicherei und Färberei Martini (Martinistraße 94c), bei der einstigen Haunstetter Mühle (Martinistraße 26), in der Wasserkraftanlage der verschwundenen Spinnerei und Weberei Haunstetten (Ellensindstraße 33c), am Lochbach-Wasserwerk (Beim Dürren Ast 31) und im E-Werk des Priesterseminars (Stauffenbergstraße 8).
An der Schülestraße verliert der Lochbach seinen Namen: Er setzt seinen Lauf als Vorderer Lech fort. Dieser fließt im Aquädukt an der Freilichtbühne zu den Wassertürmen beim Roten Tor und weiter durch das Lechviertel. Dort treibt er die Turbine des Kraftwerks an der Pfladermühle an.
Nördlich des Lechviertels mündet der Vordere Lech in den Mittleren Lech. Nach 80 Metern gemeinsamer Fließstrecke wird daraus der Stadtbach, der sich auf der Wolfzahnau mit dem Proviantbach vereinigt. Auf der Wolfzahnau nutzt ein Kraftwerk das Wasser aller zusammengeführten Lechkanäle, ehe es wieder in den Lech strömt. O
Das Buch „Wasserkraft in Augsburg“informiert über die derzeit 41 Ökostrom produzierenden Wasserkraftwerke in Augsburg.